Berlin. . Angela Merkel hat nun die Wahl zwischen zwei politischen Bündnissen. Entweder kann sie mit den Sozialdemokraten eine Neuauflage der Großen Koalition eingehen. Oder mit den Grünen ein Novum auf Bundesebene schaffen. Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo Probleme zwischen Union und SPD?
Der erste Anruf der Kanzlerin erreichte SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern früh um 9 Uhr. Die schnelle Kontaktaufnahme von Angela Merkel überrascht nicht: Dass ihr die Neuauflage einer Großen Koalition nicht ungelegen käme, hatte sich schon früh angedeutet – umgekehrt hat die SPD ein Problem, als deutlich kleinerer Partner Merkel wieder zur Mehrheit zu verhelfen. Doch viel spricht dafür, dass die Deutschen bald wieder von einer Großen Koalition regiert werden.
Das geht in einer Koalition mit der SPD:
In vielen Feldern sind sich Union und SPD näher, als es der Wahlkampf ahnen ließ. Wie sich auch die Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner finden lässt, hat schon die Große Koalition bis 2009 auf vielen Feldern erprobt. Im Bundesrat läuft sowieso wenig ohne die SPD.
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Nahe sind sich Schwarz und Rot beim Thema Rente – die Aufstockung von Minirenten oder eine Verbesserung der Mütterrenten wollen beide. Sie haben große Gemeinsamkeiten bei der Energiewende, bei der Begrenzung von Mietpreissteigerungen oder bei der Regulierung der Finanzmärkte. Und die Differenzen bei der Bewältigung der Euro-Krise sind geringer als es scheint – mit der SPD im Rücken könnte Merkel ihren Kurs, leicht verändert, fortsetzen.
Das wird schwer in einer Koalition mit der SPD:
Knackpunkte wären die Steuerpolitik, der Mindestlohn – und die Forderung der SPD, das Betreuungsgeld wieder abzuschaffen. Steuererhöhungen lehnt die Union ab, die SPD hat sie im Programm. Freilich haben Politiker beider Seiten auch schon einen Kompromiss angedeutet: Die Einkommenssteuer für Gutverdiener wird angehoben, der Großteil der Arbeitnehmer über die Dämpfung der kalten Progression aber entlastet. Nur: Ob der Wirtschaftsflügel der Union da mitgeht, ist mehr als ungewiss. Und beim Mindestlohn sind die Unterschiede enorm.
So könnte es gehen: Die Koalitionsgespräche werden sich hinziehen, vor Mitte November ist eine Regierungsbildung nicht zu erwarten. Merkel wird versuchen, die SPD an ihre staatspolitische Verantwortung zu erinnern.
Aber die SPD-Spitze muss die skeptische Parteibasis unbedingt mitnehmen – und auch die mächtigen SPD-Ministerpräsidenten, die fürchten, dass Schwarz-Rot im Bund Rot-Grün in den Ländern schaden wird. Parteichef Sigmar Gabriel wird sich deshalb mehrmals mit der Basis rückkoppeln – und am Ende wohl selbst Vizekanzler, sofern die Parteispitze ihm den Rücken stärkt. Es wird ein harter Poker.
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