Peking. . Der chinesische Ex-Politstar galt einst sogar als Kandidat für die Präsidentschaft. Nun erhielt er lebenslänglich – wegen Korruption und Vertuschung eines Mordes. Durch den Prozess erfuhr die Bevölkerung erstmals mehr über die Korruption in der Führungsspitze und vom Luxus-Leben der Elite.

Ein chinesisches Volksgericht in hat den in Ungnade gefallenen chinesischen Ex-Politstar Bo Xilai in allen Punkten schuldig gesprochen. Er erhält lebenslänglich – und damit weit mehr als viele erwartet haben.

Niemand glaubte zwar an einen Freispruch. Doch zuletzt schien es, als ob das Volksgericht in der ostchinesischen Stadt Jinan gegenüber Bo Xilai zumindest etwas Milde walten lassen könnte. Doch die Justiz schlug nun gnadenlos zu: Bo muss lebenslang hinter Gitter.

Dabei hatte es erst so ausgesehen, als ob diesmal ein Hauch von Rechtsstaatlichkeit im Spiel sei. Die Verhandlung im August dauerte sehr viel länger als ursprünglich angesetzt. Zudem gelang es dem einstigen chinesischen Spitzenfunktionär, sich kämpferisch und zumindest in einigen Punkten auch glaubwürdig zu verteidigen. Der Spielraum für den Angeklagten war neu: Politische Gerichtsverhandlungen sind in China sonst Schauprozesse, bei denen das Ergebnis bereits fest steht. Doch genützt hat es Bo nichts, wie die unerwartet harte Strafe zeigt.

Urteil fällt überraschend hart aus

Das Volksgericht Jinan hat den einstigen Handelsminister und Parteichef der 30-Millionen-Metropole Chongqing am Sonntag in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Er habe bestochen, unterschlagen und sein Amt missbraucht, sagten die Richter. Sie sahen es als erwiesen an, dass Bo vorsätzlich gehandelt und Bestechungsgeld in Höhe von 3,3 Millionen Euro angenommen hat.

Obwohl ihm für jedes einzelne dieser Delikte in China auch die Todesstrafe drohte, waren viele Beobachter von einer weniger harten Strafe ausgegangen. Bo Xilai ist Sohn des verstorbenen Bo Yibo, einem der einst einflussreichsten Gründungsmitglieder der Kommunistischen Partei. Und bei vergleichbaren Korruptionsfällen von chinesischen Spitzenpolitikern fiel die Strafe sehr viel geringer aus.

Doch bei Bo geht es den Richtern um mehr als nur um Selbstbereicherung. Zu Last gelegt wird ihm auch die Vertuschung des Mordes seiner Frau Gu Kailai an einen britischen Geschäftsmann im November 2011. Zunächst hieß es, der Brite sei durch eine Alkoholvergiftung ums Leben gekommen. Dass es sich um Mord handelte, kam erst mit der Flucht des einstigen Bo-Vertrauten Wang Lijun heraus. Aus Angst um sein Leben flüchtete der zu der Zeit noch amtierende Polizeichef der Stadt Chongqing in ein US-Konsulat und packte aus.

Bo stellt sich als Märtyrer dar

Was bei dem harten Urteil aber vor allem schwer wiegen dürfte, bei der Urteilsbegründung mangels rechtlicher Grundlagen aber überhaupt nicht zur Sprache kam: Der Skandal um das Ehepaar Bo drohte Chinas gesamte Führungsriege zu zerreißen. Nicht nur entblößte der Skandal die Korruption in der Führungsspitze. Die Bevölkerung erfuhr auch von Intrigen auf höchster Ebene und dem luxuriösen Lebensstil der Elite.

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Bis zu seinem Sturz galt Bo als Hoffnungsträger einer einflussreichen Strömung, die eine Rückbesinnung auf Mao forderte. Einen Sitz im mächtigsten Führungsgremium, dem Ständigen Ausschuss des Politbüros, galt ihm als sicher. Er wurde als ernster Konkurrent zu Chinas nun amtierenden Staatspräsidenten Xi Jinping gehandelt.

Spiel mit den Gefühlen

Bis zum Schluss wusste Bo mit den Gefühlen seiner Anhänger zu spielen. Vergangene Woche kursierte ein Schreiben an seine Familie, in dem er versucht, sich als Märtyrer hinzustellen. „Mein Vater war mehrmals inhaftiert, ich werde in seine Fußstapfen treten.“ Wegen seiner Forderung nach Reformen war Bos Vater während der Kulturrevolution mehr als zehn Jahre inhaftiert. Später unter dem Reformer Deng Xiaoping stieg er wieder in den engsten Führungszirkel auf. „Vater und Mutter sind gestorben, aber ihre Lehren sind mir weiterhin behilflich“, schreibt er in dem Brief. „Eines Tages“ werde sein guter Ruf wieder hergestellt sei.