Peking. . Die Gattin des chinesischen Ex-Politikers Bo Xilai hat den Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood gestanden und wurde am Montag dafür verurteilt. Mit Politik hat das eigentlich wenig zu tun. Und doch ist der Fall Chinas Parteigrößen sehr unangenehm
Todesstrafe ja. Aber sie wird nicht vollstreckt. Das Gericht der chinesischen Provinzstadt Hefei hat am Montag Gu Kailai, die Gattin des einstigen Spitzenpolitikers Bo Xilai, wegen Mordes an einen britischen Geschäftsmann zum Tode verurteilt. Die Richter gewährten ihr jedoch einen zweijährigen Strafaufschub. Das heißt: Bei guter Führung könnte ihre Todesstrafe nach zwei Jahren in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt werden. Und vielleicht wird auch diese Strafe noch auf 25 Jahren begrenzt, das Minimum in China für Mord.
Damit zementiert das Gericht ganz offiziell, was viele Beobachter bereits im Vorfeld vermutet hatten: Das Urteil gegen Gu Kailai fällt zwar mit aller Härte aus. Tatsächlich aber wird mit ihr verhältnismäßig milde umgegangen. Offensichtlich hat Gu innerhalb der chinesischen Führung noch immer eine Reihe von Fürsprechern, die Einfluss auf das Urteil ausgeübt haben.
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Gu Kailai hatte bereits vergangene Woche zugegeben, dass sie den britischen Geschäftsmann Neil Heywood vergiftet hat. Die Familie Bo pflegte jahrzehntelang eine enge Beziehung zu dem Briten. Heywood vermittelte unter anderem ihrem Sohn einen Platz an einer renommierten Schule in England. Zudem hat er wahrscheinlich große Summen des Vermögens der Familie Bo ins Ausland geschafft. Als sich Gu im November vergangenen Jahres mit Heywood über ein gescheitertes Geschäft nicht einig wurden, brachte sie ihn um.
Der Name ihres Mannes fiel erst gar nicht
Obwohl es sich bei den Geschäften mit Heywood um das Vermögen der gesamten Familie gehandelt haben dürfte, fiel der Name Bo Xilai beim Prozess nicht. Damit wird er strafrechtlich offenbar verschont. Mit der politischen Laufbahn ist es für Bo jedoch zu Ende. Noch zu Jahresbeginn galt er als aussichtsreicher Kandidat für einen Posten im ständigen Ausschuss des Politbüros, dem mächtigsten Gremium der Volksrepublik. Im Zuge des Skandals seiner Frau wurde er im März und April bereits von seinen Posten enthoben. Er ist seitdem in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen worden.
Der ganze Fall ist für die chinesische Führungsspitze vor allem deshalb unangenehm, weil er Einblick in das korrupte System an der Spitze des Staates gibt. Dass die Parteigranden in China im Reichtum schwelgen, dicke Limousinen fahren, ihre Kinder auf Eliteschulen ins Ausland schicken und ihre Verwandten mit hohen Posten versehen, überrascht in China kaum jemand. Doch dass Mitglieder der Führungsspitze gigantische Summen skrupellos ins Ausland transferieren – das empört die chinesische Öffentlichkeit dann doch. Der Skandal um Bo Xilai offenbart: Die Führungskader selbst vertrauen nicht mehr dem von ihnen geführtem Staat.
Das Politbüro ist ein Club von reichen Leuten
In seinem Buch „Die Partei“ beschreibt der langjährige China-Korrespondent Richard McGregor, dass sämtliche zwei Dutzend Mitglieder des Politbüros unter den 500 reichsten Chinesen gelistet sind. Das Hongkonger Magazin Dongxiang zitiert aus einer Umfrage der Kommunistischen Partei, aus der hervorgeht: Von den 204 Mitgliedern des Zentralkomitees der KP haben 91 Prozent Familienmitglieder, die im Ausland leben oder die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes besitzen.
Dass so viele Angehörige der Partei-Aristokratie in einflussreichen Posten sitzen und ungeheure Vermögen angehäuft haben, kommt nicht von ungefähr. Die guten Beziehungen reichen bis in ihre Kindheit zurück. Viele der heutigen Machthaber sind die Sprösslinge von einst einflussreichen Gründern der Kommunistischen Partei. Bo Xilai etwa ist der Sohn von Bo Yibo, einem der „acht Unsterblichen“ der KP. Kinder wie er sind alle in abgesperrten Luxusvierteln im Westen von Peking aufgewachsen. Sie hatten schon lange vor Marktöffnung Zugang zu Westware, besuchten die 5. Mittelschule und kamen, wenn sie krank wurden, ins renommierte Militärkrankenhaus 301. Und sie haben im Volk ihren Namen weg: Prinzlinge.