Berlin. . Das Ausmaß der Verluste in Bayern schockt die liberale Parteispitze in Berlin. Die CDU erteilt einer Leihstimmen-Kampagne eine klare Absage. Reine Freude kommt auch bei der CDU nicht auf, denn die Schwesterpartei CSU tankt frisches Selbstbewusstsein.
Die Bayern-Wahl war die letzte Hürde vor dem 22. September. Wer hat jetzt Auftrieb? Und wer spürt Gegenwind? Ein Überblick:
FDP: „Jetzt erst recht“
Die Bundes-FDP war gewarnt – und vorbereitet. Mit einer „Jetzt-erst-recht-Kampagne“ will sie Wähler aus dem Unions-Lager mobilisieren. Wie schon in Niedersachsen sollen CDU-Anhänger, die Schwarz-Gelb wollen, bei der Bundestagswahl aus taktischen Gründen für die FDP stimmen. Die Kampagne mit düsteren Warnungen vor einer rot-rot-grünen Mehrheit ist im Gang.
FDP-Strategen hatten im Vorfeld das Debakel gar als Chance gesehen. Motto: Je schlechter die FDP in Bayern abschneidet, desto größer der Mitleidseffekt im Bund. Dort sehen die Demoskopen die FDP überwiegend im Parlament. Aber die Niederlage ist so massiv ausgefallen, dass sie Wähler auch abschrecken könnte. „Jetzt erst recht“, ruft der vom Ausmaß der Verluste geschockte FDP-Chef Philipp Rösler.
CDU süß-sauer
Bei der CDU in Berlin war das Ergebnis so erwartet worden. Aber als die Zahlen bekannt werden, ist die Erleichterung in der Parteizentrale spürbar. Und doch verfolgt man das Erfolgserlebnis der „Schwester“ mit süß-saurer Miene. Süß ist der Erfolg in Bayern, weil er Rückenwind gibt und weil die SPD nicht viel ausrichten konnte. Aber säuerlich mutet an, was bis zum 22. September kommen dürfte: eben die Leihstimmen-Kampagne. „Die FDP wird es versuchen“, ahnt der Chef der NRW-CDU, Armin Laschet. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe klar: „Wir werben um beide Stimmen.“
Andererseits: Ein CDU-Sieg im Bund wäre leicht ein Muster ohne Wert, wenn die FDP nicht in den Bundestag kommt. Zweifelsfrei weiterregieren kann die Kanzlerin nur mit der FDP. Es gibt weitere Restrisiken für Angela Merkel: Raffen sich die Bayern wieder auf oder sind sie wahlmüde? Ein gutes Ergebnis in Bayern ist bei der Bundestagswahl „eingepreist“. Aber: „Es wird eng“, so Laschet. Ausmalen kann er sich auch, was der Sieg in CSU-Chef Horst Seehofer auslösen wird. Der Bayer wird in Berlin auftrumpfen. In Koalitionsverhandlungen wird er seine Punkte machen wollen.
SPD etwas erleichtert
Wahlziel nicht erreicht, trotzdem zufrieden wegen eines kleinen Zugewinns: Weil die symbolisch wichtige Marke von 20 Prozent überschritten wurde, gibt sich die SPD-Spitze erleichtert. Es hätte schlimmer kommen können. Größere Effekte seien nicht zu erwarten. Der Freistaat gilt als Sonderfall. Einen Zusammenhang mit der Bundestagswahl hat Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verneint: Am Sonntag gehe es um ganz andere Themen.
Die CSU siegt in Bayern
Keine grüne Woche?
So wollen es auch die Grünen sehen. Aber sie schwächeln seit Wochen. Bayern bestätigt den Trend. Jürgen Trittin gibt es indirekt zu, wenn er trotzig sagt: „Man sollte uns Grünen nicht unterschätzen – wir sind seit unserer Gründung Gegenwind gewohnt.“ Katrin Göring-Eckardt, die mit ihm die Partei anführt, will klarmachen, dass der 22. September zur Schicksalswahl wird: „Haben wir eine Energiewende – ja oder nein?“ Wie eine grüne Woche lassen sich die letzten sieben Tage nicht an.
Für die anderen ist noch was drin
Der Linken wurden keine Chancen im Freistaat eingeräumt. Die Parteispitze ist zwar enttäuscht, aber im Bundestag ist die Linke mit Sicherheit wieder vertreten. Die Alternative für Deutschland (AfD) trat in Bayern nicht an. Dort haben die Freien Wähler die Stimmen der Euro-Kritiker eingesammelt – im Bund trauen Demoskopen der AfD einen Überraschungserfolg zu.