Berlin. Die Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Bundestagswahl in einer Woche voraus. Alle Parteien erhoffen sich Rückenwind von der bayerischen Landtagswahl am Sonntag. Und kämpfen um jede Stimme. Ungeachtet einzelner örtlicher Absprachen bat Merkel “um beide Stimmen für die CDU“.
Die Union startet mit scharfer Abgrenzung zum Koalitionspartner FDP und einer klaren Absage an die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) in den Wahlkampfendspurt. "Wir müssen kämpfen. Es wird knapp", forderte CDU-Chefin Angela Merkel am Samstag bei einem CDU-Parteitag in Heilbronn angesichts von Umfragen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Bundestagswahl am 22. September vorhersagen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warb wie Merkel am Tag vor der bayerischen Landtagswahl bei gleich zwei Auftritten um Wählerstimmen.
In Bayern kann CSU-Chef Horst Seehofer nach fünf Jahren Koalition mit der FDP laut Umfragen auf eine Rückkehr zur absoluten Mehrheit hoffen. Sicher ist das jedoch keineswegs. Ob die Freidemokraten bei der Landtagswahl am Sonntag den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, war ebenfalls offen.
Merkel bittet um "beide Stimmen für die CDU"
Ungeachtet einzelner örtlicher Absprachen zwischen CDU und FDP sagte Merkel den "Kieler Nachrichten" (Samstag): "Ich bitte die Bürgerinnen und Bürger um Vertrauen für meine Politik und deshalb auch um beide Stimmen für die CDU." Die Bundes-CDU erklärte am Samstag auf Anfrage zu den Absprachen in einzelnen Wahlkreisen: "Das sind vereinzelte Entscheidungen vor Ort. Für uns gilt weiterhin: Jede Partei kämpft für sich."
In Bonn haben die Kreisvorsitzenden von CDU und FDP schriftlich vereinbart, sich im früheren Wahlkreis des CDU-Kanzlers Konrad Adenauer zu helfen. Während sich die CDU dort im Wahlkampfendspurt auf die Erststimmen konzentrieren will, setzt die FDP mit ihrem Kandidaten - Außenminister Guido Westerwelle - auf die Zweitstimmen. Erklärtes Ziel ist es, zur Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition im Bund beizutragen. Die CDU will das Direktmandat zurückholen, das seit 2002 dreimal an den SPD-Politiker Ulrich Kelber ging.
Eine ähnliche mündliche Absprache gibt es im Wahlkreis Heidelberg. Das sagte FDP-Kandidat und Entwicklungsminister Dirk Niebel der dpa. Ab sofort wolle die CDU auf ihren Plakaten ausdrücklich um Erststimmen werben. FDP-Plakate sollten Aufkleber mit der Aufschrift "Zweitstimme FDP" erhalten. Diesem Beispiel würden voraussichtlich viele Wahlkreise folgen: "Ohne, dass es einer Strategie bedarf, gibt es eine dynamische Welle", sagte Niebel.
Von der Leyen: SPD "mit Sicherheit nicht unser Wunschpartner"
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen warnte die Anhänger ihrer Partei in der "Welt am Sonntag" davor, aus Sorge um den Wiedereinzug der FDP in den Bundestag für die Freidemokraten zu stimmen. Eine große Koalition schloss von der Leyen nicht aus, betonte aber, die SPD sei "mit Sicherheit nicht unser Wunschpartner".
Vereinzelte örtliche Absprachen gibt es nicht nur zwischen CDU und FDP, sondern auch bei SPD und Grünen. So ruft die SPD-Kandidatin Ute Vogt in Stuttgart zur Wahl von Grünen-Chef Cem Özdemir auf, weil dieser eine Chance auf das Direktmandat in seinem Wahlkreis hat.
SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück machte am Rande des Wahlkampfs in Aachen deutlich, dass er zu seiner umstrittenen "Stinkefinger"-Geste steht. Er gehe davon aus, dass eine überwältigende Zahl der SPD-Anhänger das Foto so locker nehme, wie er selbst es gemeint habe, sagte Steinbrück. Einer Umfrage zufolge stößt Steinbrücks "Stinkefinger" den meisten Deutschen allerdings sauer auf. Knapp zwei Drittel (62 Prozent) finden das Foto nicht gut, wie aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage für den Fernsehsender RTL hervorging. 30 Prozent der Befragten nahmen das Bild hingegen gelassen auf.
Merkel schloss einen Pakt mit der "Alternative für Deutschland" in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag) erneut aus. Darauf könnten sich die Wähler definitiv verlassen. Die AfD ging auf Distanz zur Union. AfD-Chef Bernd Lucke sagte der "Welt" (Online): "Wir wählen keine Kanzlerin, zu der wir kein Vertrauen haben. Das haben wir zu Frau Merkel derzeit ganz eindeutig nicht." (dpa)