Berlin. . NSA-Affäre und kein Ende: Laut Medienberichten hat neben dem Bundesnachrichtendienst auch der Verfassungsschutz regelmäßig Informationen an die US-Geheimdienste geliefert. Brisant: Dabei muss es sich um Daten von Bundesbürgern gehandelt haben. Im Gegenzug soll es Spionagesoftware gegeben haben.

Im Zuge der NSA-Affäre gerät nun auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Erklärungsnot. Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der "Süddeutschen Zeitung" hat nicht nur der Bundesnachrichtendienst (BND), sondern auch der Inlandsgeheimdienst regelmäßig vertrauliche Daten an die National Security Agency (NSA) in den USA geliefert. Dies gehe aus einem Geheimdokument der Bundesregierung hervor, das den Redaktionen beider Medien vorliege, hieß es in einer am Freitagabend veröffentlichten Vorabmeldung der "Süddeutschen Zeitung". Dem Papier zufolge habe das Bundesamt allein im vergangenen Jahr 864 Datensätze an die Amerikaner übermittelt.

Der Verfassungsschutz ist ein Inlandsgeheimdienst und spioniert damit nur auf deutschem Boden. Sollte sich der Bericht bewahrheiten, würde dies bedeuten, dass der Dienst offenbar Informationen über in Deutschland ausgespähte Menschen in die USA weitergibt. Vom Bundesinnenministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Regelmäßige Treffen und Informationsaustausch

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Dem als geheim eingestuften Papier zufolge liefert der Verfassungsschutz Daten und bekommt im Gegenzug Informationen und Spionagesoftware aus den Vereinigten Staaten, hieß es in dem Bericht. Allein in den vergangenen vier Jahren soll der deutsche Dienst 4700 Verbindungsdaten aus den USA erhalten haben. Zudem soll es regelmäßige Treffen zwischen Vertretern der NSA und dem Bundesamt geben. So treffe sich ein NSA-Mitarbeiter angeblich wöchentlich mit deutschen Geheimdienstlern in der "BfV-Liegenschaft Treptow" zum Informationsaustausch. Analysten des Bundesamts hätten mehrmals Verabredungen mit ihren amerikanischen Kollegen in der NSA-Kaserne "Dagger-Complex" bei Darmstadt gehabt. In den vergangenen vier Jahren sei daraus offenbar eine Partnerschaft zum gegenseitigen Nutzen erwachsen.

Möglicherweise Kooperationen mit insgesamt acht US-Diensten

Neben den 864 Datensätzen habe der Verfassungsschutz den Amerikanern laut Dokumenten aus dem Innenministerium "regelmäßig bewertete Sachverhaltsdarstellungen" übermittelt, berichteten die Zeitung und der Sender weiter. Auf Anfrage habe das Bundesamt bestätigt, dass es eng mit der NSA zusammenarbeite. Wenn Daten an die Amerikaner geliefert würden, geschehe dies aber nach deutschem Recht.

Die beiden Medien berichteten weiter, dass der deutsche Inlandsgeheimdienst den vorliegenden Unterlagen zufolge auch "eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit" mit acht weiteren US-Diensten unterhalte, etwa der Central Intelligence Agency (CIA) und einer bislang weithin unbekannten Abteilung 15 der US Army Counterintelligence. Laut eines Jobangebots führe dieser Dienst "offensive Gegenspionage auf der ganzen Welt" durch, der ausgeschriebene Einsatzort sei Stuttgart gewesen. (afp)