Düsseldorf. . Mit der Warnung vor Rot-Rot-Grün und einem Aufruf zum engagierten Schlussspurt sind CDU und CSU in der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf in die heiße Wahlkampfphase gestartet.
Die viel diskutierte Deutschlandkette hat Angela Merkel nicht wieder angelegt. Die Kanzlerin, eben erst zurück vom G20-Gipfel der wichtigsten Staatslenker, schüttelt ausgestreckte Hände, lächelt. Im riesigen Düsseldorfer ISS Dome wechselt Merkel von der politischen Weltbühne zurück in den Wahlkampf-Modus. Die Partei feiert sich, doch die Basis ziert sich. Die CDU zählt 7037 Gäste – beim Auftakt zur heißen Phase verdecken schwarze Tücher die leeren Tribünen.
Hier, beim Heimspiel in der Eishockey-Arena, muss Merkel keinen bekehren. Viele ältere Stammwähler sind da, meist Parteimitglieder. Das flotte Showprogramm ist etwas laut für die Senioren. Hunderte „Angie“-Plakate sorgen für die gewünschten TV-Bilder. Auf den letzten Metern setzt die Union voll auf die „Marke Merkel“. 8700 Großflächen werden für die letzten 340 Stunden bis zur Wahl umplakatiert. Die Botschaft: Merkel, Merkel, Merkel. Selten war ein Wahlkampf so einseitig auf eine Person konzentriert. Keine Experimente, die präsidiale Kanzlerin als Anker der Stabilität. Das verdeckt auch, dass Merkels Wunschkoalition mit der FDP in Umfragen nur zweite Wahl ist.
In mehr als 30 Großveranstaltungen hat die Kanzlerin im Wahlkampf bisher fast 150 000 Menschen erreicht, weitere 20 sind noch geplant. Die Stimmung ist fast zu gut, da warnt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe lieber vor zu viel Siegeszuversicht. Der Wähler ist unberechenbar wie das Wetter. „Wer Steinbrück wählt, kann aufwachen mit Trittin und Wagenknecht“, attackiert Gröhe das rot-rot-grüne Gespenst. „Zweitstimme ist Merkel-Stimme.“
Seehofer und Laschet als Staffage
Beim Gruppenbild mit Dame bleiben Unionsgrößen von CSU-Chef Horst Seehofer bis zum CDU-Landeschef Armin Laschet nur Staffage. Beide profitieren von den hohen Sympathiewerten der Kanzlerin, da bleibt jede Kritik an Merkels Politik des Ungefähren aus. Der sind auch in Düsseldorf keine Visionen zu entlocken: Selbstzufrieden, gespickt mit Kalendersprüchen, zieht Merkel Bilanz nach vier Jahren Schwarz-Gelb. Kontrahent Peer Steinbrück (SPD) findet keine Erwähnung.
Die 59-Jährige Weltpolitikerin lächelt die Probleme weg, hofft auf eine letzte Verhandlungslösung für Syrien, setzt auf die Stabilität des Euro und ein Anhalten des deutschen Wirtschaftswunders. In einfacher Sprache, ohne Pathos, führt Merkel die Zuhörer durch ihre politische Welt. Der Steinbrück-Vorwurf, sie betreibe eine Politik des Stillstands, prallt an ihr ab. Sie verbreitet Zuversicht, ihre Anhänger danken es mit lautem Beifall.
Im geschrumpften Kreis der Unions-Ministerpräsidenten nimmt der bayerische Löwe Horst Seehofer eine Sonderrolle ein. Eine Woche vor der Bayern-Wahl verspricht Seehofer eine Steilvorlage im Süden, damit „Angela Kanzlerin bleibt“. Süffisant überbringt Seehofer „Grüße aus dem schwärzesten Erdteil Europas“ und freut sich über den „ungewohnt freundlichen Empfang“.
Merkels launige Eloge auf die Kosmetik-Industrie
CDU-Landeschef Laschet verteidigt den auf Merkel ausgerichteten Wahlkampf. „Wir zeigen die populärste Regierungschefin in Europa in einem 80-Sekunden-Wahlspot, bei der SPD sind sieben Sekunden Steinbrück schon zu viel.“
Merkel gibt sich locker. Die freundliche Stichwort-Frage der Moderatoren, warum sie so frisch aussieht im Wahlkampf, beantwortet Merkel mit dem launigen Hinweis auf die Leistungen der deutschen Kosmetik-Industrie. In ihrer Rede wettert Merkel gegen die rot-grünen Steuererhöhungspläne. „Das gibt es mit uns nicht.“
Dezent gekleidet, im beigen Blazer mit schwarzer Hose, wirbt Merkel für politische Seriosität. Viel Beifall erntet die Kanzlerin bei der geplanten „Mütterrente“ für ältere Frauen. „650 Euro mehr Rente im Jahr für eine Mutter mit zwei Kindern sind ein wichtiges Signal“, glaubt Merkel. Vorher aber muss die CDU-Chefin gewinnen. „Die Wahl wird knapp“, fürchtet die Parteivorsitzende. „Wer glaubt, es sei alles gelaufen, kann am Tag nach der Wahl ein böses Erwachen mit Rot-Rot-Grün haben.“ Im ISS Dome rechnet die Partei aber damit, dass es Merkel schon richten wird. Über Programme redet man später.