Brüssel. Es dauerte Jahre, bis die EU das Elend ihrer größten Minderheit offiziell zur Kenntnis nahm: Bis zu 90 Prozent der Roma leben unter der Armutsgrenze, nur jeder Fünfte hat eine Krankenversicherung. Heute scheitert die Roma-Integration weniger am Geld, sondern eher am mangelnden politischen Willen.
Die Integration der Roma ist „eine der letzten großen gesellschaftspolitischen Fragen“, sagt Manfred Weber, CSU-Abgeordneter im Europa-Parlament. „Und es ist eine gesamteuropäische Aufgabe.“ Sie ist, muss man hinzufügen, trotz einiger Anstrengungen in den vergangenen Jahren noch nicht ansatzweise gelöst.
Die EU-Kommission schätzt die Zahl der Roma in Europa auf bis zu zwölf Millionen, die Hälfte davon sind EU-Bürger. Die meisten allerdings noch nicht so lange: Das Roma-Problem – besser: die Ausgrenzung der Roma – war eine der Schäbigkeiten, deren Anblick dem Westen zu Zeiten des Eisernen Vorhangs weitgehend erspart blieb. Erst als der Ostblock zusammenbrach, kam es zum Vorschein.
90 Prozent der Roma leben unter der Armutsgrenze
Seit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens 2007 und dem allmählichen Abbau der Visa-Pflichten für die Bürger anderer Balkanstaaten haben auch Länder wie Italien, Frankreich, Deutschland und selbst Irland damit zu tun
Es dauerte indes Jahre, bis die EU das Elend ihrer größten Minderheit offiziell zur Kenntnis nahm: Bis zu 90 Prozent der Roma leben unter der Armutsgrenze, nur jeder Fünfte hat eine Krankenversicherung. Ausgrenzung bis hin zur Ghettoisierung, gesellschaftliche Diskriminierung, Bildungsnotstand sind weitere Facetten der Misere. Seit 2011 hat die EU eine „Roma-Strategie“, die Mitgliedstaaten müssen nationale Integrationspläne vorlegen.
Fortschritte sind sehr begrenzt
Unterstützende Mittel aus den Brüsseler Töpfen gibt es eigentlich genug. Doch viel wird mangels politischen Willens gar nicht erst abgerufen. So seien die erzielten „Fortschritte sehr begrenzt und die Verbesserungen in der Praxis zu langsam“, klagte die Brüsseler Kommission im vergangenen Mai. „Die Mitgliedstaaten tun eine Menge“, sagt Weber, „aber es ist halt eine Langzeit-Aufgabe.“