Beirut/Damaskus. 1300 Menschen sollen bei einem Chemiewaffenangriff durch Regierungstruppen in Syrien ums Leben gekommen sein. Das wirft die syrische Opposition der Regierung vor. Diese dementiert die Vorwürfe jedoch. Chance auf Aufklärung bietet ein Team von UN-Experten, dass den Fall jetzt untersuchen soll.

Bei einem Großangriff der syrischen Regierungstruppen nahe Damaskus sollen nach neuen Angaben der Opposition mehr als 1300 Menschen durch Chemiewaffen getötet worden sein. George Sabra von der Syrischen Nationalen Koalition sagte am Mittwoch im türkischen Istanbul, dieser Einsatz mache "alle Hoffnungen auf eine politische Lösung" für Syrien zunichte. Die syrische Armee hatte zuvor bestritten, Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Zuvor hatten bereits mehrere Oppositionsgruppen von einem Giftgaseinsatz der Regierungsarmee in der Region Ghuta nahe der syrischen Hauptstadt berichtet.

Eine Oppositionsgruppe, der allgemeine syrische Revolutionsausschuss, veröffentlichte Videos auf YouTube, die den Giftgaseinsatz belegen sollten. In einer Aufnahme waren Kinder zu sehen, die in einem Krankenhaus behandelt wurden. Andere Bilder zeigten Dutzende Leichen. Die Angaben der verschiedenen Organisationen konnten nicht unmittelbar überprüft werden.

Regierung streitet Einsatz von Chemiewaffen ab

Nach dem Vorwurf des Giftgaseinsatzes veröffentlichten die syrischen Staatsmedien ein Dementi der Regierung. Diese bestritt allerdings nicht die Angriffe in den Außenbezirken der Hauptstadt, sondern lediglich den Einsatz von Chemiewaffen.

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Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana schrieb: "Die TV-Kanäle, die an dem Blutvergießen in Syrien und der Unterstützung des Terrorismus beteiligt sind, veröffentlichen diese Berichte, die frei erfunden sind, um das Team, das den Einsatz von Chemiewaffen untersuchen soll, abzulenken, und somit den Erfolg seiner Mission zu verhindern."

Opposition verlangt Einschreiten des UN-Sicherheitsrats

Der syrische Oppositionschef Ahmad Dscharba verlangte im Satellitensender Al-Arabija eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates wegen des "Massakers" nahe der Hauptstadt. Der britische Außenminister William Hague erklärte, sein Land werde die Vorwürfe vor dem Sicherheitsrat erörtern. Er sei "zutiefst beunruhigt" über die Berichte, teilte Hague mit.

Derzeit sind UN-Experten in Syrien tätig, die frühere Berichte über Chemiewaffeneinsätze in dem Bürgerkriegsland prüfen sollen. Ebenso wie Oppositionschef Dscharba forderte der Chef der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, die Experten in einer Mitteilung auf, sich "sofort" nach Ghuta zu begeben und die Vorwürfe zu prüfen. Die Regierung hat den Experten jedoch bislang nur den Zugang zu drei Orten gestattet, an denen in den vergangenen Monaten angeblich Chemiewaffen zum Einsatz gekommen sein sollen.

35.000 Syrer flüchten in den Irak

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte am Dienstag gefordert, das UN-Team müsse "umfassend und ungehindert Zugang zu allen Orten im Land" erhalten. An der syrischen Grenze zum Nachbarland Irak bahnt sich derweil ein neues Flüchtlingsdrama an.

In den vergangenen Tagen sind mehr als 35.000 Syrer vor den Kämpfen in den Norden des Irak geflohen.

"Wir haben heute etwa 2000 Flüchtlingen geholfen, die Grenze nach Irakisch-Kurdistan zu überqueren", sagte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerkes (UNCHR) der Nachrichtenagentur dpa in Beirut. Die Regierung der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak hatte vergangene Woche die Öffnung eines Grenzübergangs für Flüchtlinge aus dem Nachbarland beschlossen. (afp/dpa)