Berlin. . Polizei und Geheimdienste haben bei den Ermittlungen in der NSU-Mordserie “massiv versagt“. Das kritisiert Sebastian Edathy, Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag. Als eine der Konsequenzen aus den Ermittlungspannen fordert Edathy mehr Polizisten mit ausländischen Wurzeln.
Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), hat den Behörden erneut ein vernichtendes Zeugnis bei den Ermittlungen zu den Mordtaten der rechtsextremen Gruppe ausgestellt. "Wir kommen ganz klar zu dem Befund, dass wir es mit einem massiven Behördenversagen zu tun haben, das sich ergeben hat aus einer drastischen Unterschätzung der Gefährlichkeit der gewaltbereiten rechtsextremen Szene in Deutschland", sagte Edathy dem Radiosender NDR Info.
Spekulationen, wonach die Behörden einen ausländerfeindlichen Hintergrund der Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) absichtlich ignorierten, wies Edathy hingegen zurück. "Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass Behörden zu der Zeit, als die Straftaten sich ereignet haben, wussten, wer dahinter steckt, und weggeschaut oder die Täter unterstützt haben."
Edathy fordert mehr Polizeibeamte mit Migrationshintergrund
Der Untersuchungsausschuss soll an diesem Donnerstag seinen Abschlussbericht vorlegen. Die Abgeordneten ziehen nach anderthalbjähriger Arbeit ihr Fazit über die Ermittlungspannen der Behörden, wegen der die Mordserie jahrelang unerkannt geblieben war. Dem NSU wird der Mord an neun Migranten und einer Polizistin zur Last gelegt; in München läuft derzeit der Prozess um die Taten.
Als Konsequenz aus den Aufklärungspannen bei der NSU-Mordserie hat Edathy mehr Polizeibeamte mit ausländischen Wurzeln gefordert. Die Sicherheitsbehörden brauchten eine bessere Personalauswahl, sagte er am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Nötig sei zudem mehr Sorgfalt bei Aus- und Weiterbildung "auch mit Blick auf eine interkulturelle Gesellschaft".
"Ich bin ziemlich sicher: Hätte irgendein führender Polizeiermittler selber einen türkischen Hintergrund gehabt, hätten die Behörden bei der Ermittlung der Morde nicht sechs Jahre gebraucht, um das erste Mal einigermaßen ernsthaft die Möglichkeit ins Auge zu fassen, es könnte sich um Rassismus handeln", sagte Edathy. Er ist Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags, der an diesem Donnerstag seinen Abschlussbericht vorlegt.(afp)