Düsseldorf. . Der neue „Kommunal-Soli“, den steuerstarke Städte für notleidende entrichten sollen, erhitzt die Gemüter - und dürfte wohl vor dem Verfassungsgericht landen. 60 NRW-Kommunen mit besonders guten Steuereinnahmen sollen vom kommenden Jahr an einen Solidaritätsbeitrag für schwächere Gemeinden leisten.
Wenn NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in den kommenden Tagen zu Bürgermeister-Gesprächen nach Mettmann, Olpe und Gütersloh fährt, dürfte es keine dieser „Sommerreisen“ werden, bei denen sich Lokalpolitiker mit gebührendem Repräsentationsstolz um die Regierungslimousine aus Düsseldorf drängen. Vielmehr dürfte Jäger Wut über den neuen „Kommunal-Soli“ entgegenschlagen, den steuerstarke Gemeinden künftig zur Finanzierung der zweiten Stufe des „Stärkungspakts Stadtfinanzen“ entrichten sollen.
Die geplante Umlage ist der wohl umstrittenste Teil des milliardenschweren Finanzpakets, das die rot-grüne Landesregierung seit Amtsantritt 2010 gegen die drohende Überschuldung vieler Städte insbesondere im Ruhrgebiet geschnürt hat. Jährlich knapp 300 Millionen Euro sollen bis 2020 an 27 Städte wie Essen, Gelsenkirchen, Bottrop oder Herne ausgeschüttet werden. Gut 181 Millionen Euro davon müssen 60 steuerstarke Städte aus dem Rheinland wie Monheim, Düsseldorf, Ratingen oder Straelen, aber auch zahlreiche erfolgreiche Gemeinden aus Südwestfalen aufbringen.
„Niemand wird überfordert“
Für Jäger ist das eine Frage der Solidarität innerhalb der kommunalen Familie. Ein erstes Hilfsprogramm von jährlich 345 Millionen Euro für die 34 ärmsten Kommunen wie Oberhausen, Hagen, Duisburg oder Wuppertal (Stärkungspakt I) hatte das Land bereits vollständig auf eigene Kosten aufgelegt. Nun soll ein Eigenbeitrag her. Die Hilfsempfänger müssen ihrerseits mit schmerzhaften Sparprogrammen die Neuverschuldung in den kommenden Jahren auf Null bringen.
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Der Ärger ist groß. FDP-Fraktionschef Christian Lindner spricht von einer „rot-grünen Zwangsabgabe für solide wirtschaftende Städte“. Starke Gemeinden würden durch Umverteilungspolitik zu Bedürftigen gemacht. Davon will Jäger nichts wissen. Die steuerstarken Kommunen müssten nur 23,5 Prozent eines Überschusses abführen, der über einem objektiv ermittelten Bedarf liege. Keiner könne sich arm rechnen. Herangezogen würden zudem nur jene Städte, deren Steuerkraft in drei von fünf Jahren über dem Bedarf gelegen hat. Die Liste der Geber-Gemeinden wird jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst. Gesetzlich festgeschrieben bleibt aber, dass die kommunale Solidargemeinschaft mehr als 181 Millionen Euro aufzubringen hat. „Eine finanzielle Gesundung von notleidenden Kommunen nützt allen in NRW“, so Jäger.
Die einen nennen es Schieflage, die anderen Standortvorteil
Es mutet auf den ersten Blick sonderbar an, dass nach der Stärkungspakt-Systematik die rheinische Kleinstadt Monheim mit rund 40 000 Einwohnern jährlich mehr als 46 Millionen Euro in den Solidartopf einzahlen und die 580 000-Großstadt Essen gut 90 Millionen Euro bekommen soll. Dahinter verbirgt sich die Steuerkraft Monheims. Die Gewerbesteuern sind dort trotz niedriger Hebesätze üppiger als im zehnmal so einwohnerstarken Duisburg, die Sozialkosten dafür um ein Vielfaches niedriger. Die einen nennen es Schieflage, die anderen Standortvorteil.
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„Niemand wird überfordert“, sagt Jäger. Insgesamt erhalten die Kommunen 2014 aufgrund der guten Wirtschaftslage die Rekordzuweisung von 9,3 Milliarden Euro. Zudem sollen im neuen Gemeindefinanzierungsgesetz ländliche Gebiete besser gestellt werden. Zuletzt hatten sie über eine finanzielle Bevorzugung einiger Großstädte mit hohen Sozialkosten geklagt.
Der Streit um den neuen Kommunal-Soli dürfte vor dem Verfassungsgericht landen. Monheim hat angekündigt, sich mit juristischen Mitteln gegen die Zwangsumlage zu wehren. Sonderlich beunruhigen muss den Innenminister das wohl nicht: Im großen Verteilpoker der NRW-Kommunalfinanzen ist seit 2003 noch jedes Gemeindefinanzierungsgesetz vor Gericht gezerrt worden – stets ohne Erfolg.