Bangkok/Islamabad. Die Fernseh-Serie “Burka Avenger“ erhitzt die Gemüter in Pakistan. Sie ist sehr populär und kämpft mit Stiften und Büchern für Bildung. Das ärgert religiöse Fundamentalisten und auch liberale Pakistaner.
Pakistans neueste Zeichentrickheldin ist eine junge Frau namens Jiya. Sie lebt in einem malerischen, grünen Tal, wo sie an der Schule ihres Dorfes als Lehrerin arbeitet. Die glücklichen, freundlichen Dorfbewohner gehen ungestört ihrem Leben nach. Doch die Idylle endet abrupt: Ein Bösewicht, der einen Turban trägt und einen langen Bart hat, übernimmt das Tal. Gemeinsam mit einem korrupten Politiker reißt er die Kontrolle über das Dorf an sich. Die Schule der jungen Lehrerin wird geschlossen. Alle Hoffnung scheint verloren.
Dann, scheinbar aus dem Nichts, taucht eine schwarz gekleidete Superheldin auf und kämpft, bewaffnet mit Stiften, Büchern und einem bemerkenswerten Arsenal an Nahkampftechniken, gegen die Bösewichte. Ihr Kostüm, eine Mischung aus Ninja-Tarnkleidung und einem Ganzkörper-Schleier, gibt der Superheldin ihren Namen: Fortan kämpft „Burka Avenger” (Die Burka-Rächerin) gegen Engstirnigkeit, Fanatismus und Korruption und setzt sich für Gerechtigkeit, Frieden und Bildung für alle ein. Seit kurzem läuft die Serie sonntags im größten TV-Kanal des Landes.
Die Botschaft: Der Stift ist mächtiger als das Schwert
Entwickelt hat die Serie der pakistanische Popstar Haroon Rashid. Er sagte kürzlich einem amerikanischen Fernsehsender: „Sie schlägt nicht, sie tritt nicht, sie erschießt niemanden. Alles, was sie macht, ist Leuten mit Büchern auf den Kopf zu hauen und Stifte zu werfen.” Das sei auch schon die Kernbotschaft von „Burka Avenger”: Es gehe darum, wie wichtig Bildung ist. „Und darum, dass der Stift mächtiger ist als das Schwert.”
Doch seit der Ausstrahlung der ersten Folge im vergangenen Monat hagelt es auch Kritik. Viele tief religiöse Pakistaner sind von der Show nicht begeistert: Burkas seien islamische Verpflichtung, erklärt Kuser Firdaus von der fundamentalistischen Jamaat-e-Islami Partei. „Sie für Charaktere in Comics zu benutzen, ist eine Beleidigung für eine Religion und ihre Symbole.“ Auch Beobachter im Westen und Mitglieder von Pakistans liberaler Mittelschicht üben Kritik. Sie stören sich daran, dass die Superheldin eine Burka trägt, wenn sie gegen die Bösewichte kämpft – also ein Kleidungsstück, das ansonsten mit Unterdrückung in Verbindung gebracht wird. Die Macher der Serie entgegnen darauf, dass Jiya ja tagsüber, als Lehrerin, nicht verschleiert sei und da einen Shalwar Kameez trage, ein typisch pakistanisches Kleid. „Ihre Verkleidung trägt sie nur, wenn sie es möchte”, sagt auch Rashid, der Macher der Serie.
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„Sie ist so bescheiden, dass sie ihre Identität versteckt, wenn sie Gauner bekämpft”, heißt es auf der Facebook-Seite der Serie. „Wir wollten sie nicht halbnackt herumlaufen lassen wie die meisten westlichen Superheldinnen, denn sie ist eine muslimische Superheldin.” In den zahlreichen Blogs, in denen über die Serie diskutiert wird, weisen viele Kommentatoren auch darauf hin, dass die Serie sich ja auch an Mädchen richte, die keine Wahl hätten, ob sie eine Burka tragen möchten. Die Botschaft: Auch ihr könnt kämpfen und viel erreichen, obwohl ihr verschleiert seid.
Bei der Entwicklung der Serie hat die bittere pakistanische Realität die Macher der Serie eingeholt. Rashid hat bereits zwei Jahre lang an „Burka Avenger” gearbeitet, als im vergangenen Jahr ein Taliban-Kämpfer im Swat-Tal nordwestlich von Islamabad Malala Yousafzai, einer 15 Jahre alte Bildungsaktivistin, in dem Kopf geschossen hat. Malala hat den Anschlag nur knapp überlebt und hat sich erst vor wenigen Wochen vor den Vereinten Nationen in New York gegen Fanatismus und für Bildung für alle Kinder weltweit ausgesprochen.
Malala ist die Superheldin aus dem richtigen Leben
„Ich hatte davor nicht von Malala gehört. Das war so ein Fall, bei dem das Leben die Kunst nachahmt. Burka Avenger ist eine Superheldin. Aber Malala ist eine Superheldin aus dem richtigen Leben!”
Schon jetzt zeichnet es sich ab, dass Burka Avenger auf dem besten Weg ist, ein Superhit zu werden. Die Serie soll in 18 Sprachen übersetzt und in 60 Ländern ausgestrahlt werden. Dann wird die verschleierte Superheldin auf Bildschirmen weltweit gegen engstirnige Bösewichte kämpfen – bewaffnet nur mit Büchern und Stiften.