Kairo. Die Mursi-Anhänger geben nicht auf. Die Drohung, ihre Protestcamps zu räumen, beeindruckt sie nicht. Sie rufen zu neuen Großkundgebungen auf. Trotz aller Bemühungen um eine friedliche Lösung rückt Ägypten immer näher an den Rand eines Bürgerkriegs.

Die Anhänger des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi wollen erneut in großer Zahl auf die Straße gehen. Sie protestieren nicht nur gegen die Entmachtung Mursis durch das Militär vor einem Monat, sondern auch gegen die angekündigte Räumung ihrer Protestcamps in Kairo. Die Polizei forderte die Demonstranten auf, das Camp umgehend zu verlassen. Eine Frist wurde nicht genannt. So blieb offen, ob es noch während des Besuches des deutschen Außenministers Guido Westerwelle zu einem groß angelegten Polizeieinsatz kommt.

Westerwelle hatte am Donnerstag Übergangspräsident Adli Mansur, Armeechef Abdel Fattah al-Sisi und Vertreter der Muslimbrüder getroffen. Anschließend hatte er von einer "sehr explosiven Lage" in dem Land gesprochen und gewarnt: "Eine Eskalation der Gewalt könnte sehr schnell zu einem wirklichen Blutbad führen." Heute will Westerwelle noch den gemäßigt-islamistischen Politiker Abdel Moneim Abul Futuh treffen, bevor er in den Mittagsstunden nach Deutschland zurückreist.

Ägypten rückt an den Rand eines Bürgerkriegs

Trotz aller Bemühungen um eine friedliche Lösung rückt Ägypten immer näher an den Rand eines Bürgerkriegs. Westerwelle warb für eine Art "Runden Tisch" mit Beteiligung aller wichtigen politischen Kräfte, damit das Land zurück zu einem demokratischen Kurs findet. Er zeigte sich nach eintägigen Gesprächen mit den verschiedenen Seiten deutlich pessimistischer als noch zu Beginn.

Nach Mursis Absetzung am 3. Juli war Westerwelle der erste westliche Außenminister, der zu Besuch nach Kairo kam. Neben Mansur traf er Al-Sisi, der als der eigentlich starke Mann gilt. Auf deutscher Seite war anschließend von einem "sehr ernsten" Gespräch die Rede. In dem anderthalbstündigen Treffen seien die Kontroversen deutlich geworden. Am Nachmittag traf sich Westerwelle auch mit Vertretern der Muslimbruderschaft, aus deren Reihen Mursi kommt. Den Wunsch Westerwelles nach einer Begegnung mit dem Ex-Präsidenten hatte die neue Führung abgelehnt. Mursi wird an einem unbekannten Ort gefangen gehalten. (dpa)