Kairo. Tausende Gegner und Unterstützer des gestürzten Präsidenten Mursi sind am Freitag in Ägypten auf die Straße gegangen, um Stärke zu demonstrieren. Armee und Muslimbrüder hatten dazu aufgerufen. Am Samstag läuft ein Ultimatum des Militärs ab. Mursi sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
In Ägypten steuern Islamisten und Militär nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi auf eine neue Konfrontation zu. Tausende Mursi-Gegner folgten am Freitag einem Aufruf der Armee und demonstrierten auf dem Tahrir-Platz im Herzen Kairos Stärke. Auch die Muslimbrüder, aus deren Reihen der Islamist Mursi stammt, machten ihre Anhänger mobil. Am Samstagabend läuft ein 48-Stunden-Ultimatum des Militärs ab: Die Islamisten sollen sich bis dahin am politischen Versöhnungsprozess beteiligen - sonst drohe eine härtere Gangart. Mursi, der bisher an einem unbekannten Ort festgehalten wurde, sitzt seit Freitag formell in Untersuchungshaft.
Das Militär hatte den ersten frei gewählten Präsidenten Ägyptens am 3. Juli nach tagelangen Massenprotesten gegen ihn abgesetzt. Seither haben die Behörden rund 600 Muslimbrüder verhaftet, unter ihnen den einflussreichen Vize-Vorsitzenden Chairat al-Schater. Die Islamisten sprechen von einem "Militärputsch" und wollen so lange protestieren, bis Mursi wieder im Amt ist.
Hubschrauer über dem Tahrir-Platz
Über dem Tahrir-Platz kreisten am Nachmittag Hubschrauber im Tiefflug über den Demonstranten, die ihnen begeistert zujubelten. Die Armee hatte dazu aufgerufen, in "Millionenzahl" auf die Straße zu gehen, um ihr ein "Mandat zur Bekämpfung des Terrors" zu geben. Panzer sicherten die Zugänge. Von einer Tribüne erklangen patriotische Lieder. Der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung wurde für den späten Nachmittag oder Abend erwartet. Auch vor der Kairoer Raba-al-Adawija-Moschee, dem Zentrum der Pro-Mursi-Proteste, sammelten sich viele Tausend Anhänger.
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Der Untersuchungsrichter will Mursi zu Verschwörungsvorwürfen befragen, wie das staatsnahe Nachrichtenportal "Al-Ahram" berichtete. Die Untersuchungshaft wird in der Regel für 15 Tage verhängt und dann stets um jeweils weitere 15 Tage verlängert.
Der Ex-Präsident werde beschuldigt, sich mit der palästinensischen Hamas-Bewegung zur "Ausführung feindlicher Akte" in Ägypten abgesprochen zu haben. Die radikal-islamische Hamas herrscht seit 2006 im benachbarten Gazastreifen. Mursi würden unter anderem die Beteiligung an Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte, an Gefängnisausbrüchen und an der Ermordung und Entführung von Polizisten vorgeworfen.
Armeechef Abdel Fattah al-Sisi rief zu Großdemos auf
Die Mitteilung der Streitkräfte zum 48-Stunden-Ultimatum, aus der die Nachrichtenagentur Mena zitierte, trug den Titel "Letzte Chance". Das Militär kündigte darin auch eine neue Strategie im Kampf gegen "Gewalt und ... Terrorismus" an. Die Fernsehstationen wiederholten immer wieder den Aufruf von Armeechef General Abdel Fattah al-Sisi zu Großdemonstrationen am Freitag, häufig begleitet von patriotischen Appellen und Gesängen. Die Muslimbruderschaft bezeichnete Al-Sisis Worte als "Einladung zum Bürgerkrieg".
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UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, er beobachte die Entwicklung mit "zunehmender Sorge". Er forderte am Donnerstag in New York, Mursi und andere hochrangige Muslimbrüder sofort freizulassen oder eine transparente Untersuchung ihrer Fälle zu gewährleisten. Auch Deutschland und die USA hatten Mursis Freilassung gefordert.
Washington will nach Informationen der "New York Times" trotzdem an seiner milliardenschweren Militärhilfe für Ägypten festhalten. Das Weiße Haus habe entschieden, auf eine Einschätzung zu verzichten, ob am Nil ein Militärputsch stattgefunden habe oder nicht. Wäre das der Fall, müsste die US-Regierung ihre Hilfen einfrieren. Präsident Barack Obama sieht in einem solchen Schritt aber eine Gefahr für die Stabilität Ägyptens und damit auch für den Nachbarn und engen Verbündeten Israel. (dpa)