Washington. Die Hürden auf dem Weg zum Nahost-Frieden sind gewaltig. Dennoch drängt US-Außenminister Kerry Israelis und Palästinenser zur Eile. In neun Monaten soll es einen Friedensplan geben. Experten sind skeptisch, weil bei allen bisherigen Anläufen die Euphorie schnell verflog.
Israelis und Palästinenser haben sich ein Zeitziel von neun Monaten gesetzt, um den endgültigen Friedensschluss zu erreichen, der ihnen in den vergangenen sechs Jahrzehnten nicht gelungen ist. Die folgende Aufstellung benennt die wichtigsten Rahmenbedingungen der auf US-Vermittlung neu gestarteten Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung, die beiden Völkern in Zukunft ein friedliches Nebeneinander ermöglichen soll:
UNTERHÄNDLER
Israel wird durch Justizministerin Zipi Livni und Jizchak Molcho vertreten, die palästinensische Seite durch Chefunterhändler Sajeb Erakat und ZK-Mitglied der Fatah-Partei Mohammed Schtajeh. Für die USA sitzen der frühere US-Botschafter in Israel, Martin Indyk und in entscheidenden Momenten Außenminister John Kerry oder sogar Präsident Barack Obama persönlich am Verhandlungstisch.
ZEITRAHMEN
Die nächsten formellen Treffen sollen in etwa zwei Wochen in Israel oder dem Westjordanland stattfinden. Danach soll das Verhandlungstempo beschleunigt werden. Beide Seiten haben zugesagt, mindestens neun Monate gesprächsbereit zu bleiben, egal welche "Provokationen" von Gegnern einer Verhandlungslösung gestartet werden. Die Unterredungen finden entweder in der Region oder in Washington statt.
THEMEN
Sämtliche Schlüsselfragen für eine finale Einigung liegen auf dem Verhandlungstisch: das Rückkehrrecht für die rund fünf Millionen Nachfahren von Palästinaflüchtlingen, die Grenzen eines Palästinenserstaates, der Status von Jerusalem und der Fortbestand jüdischer Siedlungen auf im Sechstagekrieg 1967 besetztem Gebiet. Einem Stopp des Siedlungsbaus während der Gespräche hat Israel nicht zugestimmt, aber der Ausbau wurde seit Jahresbeginn gebremst.
Die USA vertreten weiter die Position, dass das künftige Palästina in den Grenzen von 1967 entstehen soll, bei gleichzeitigem Landtausch in gewissem Umfang. Nicht bekannt ist, ob Kerry dies intern zum Ausgangspunkt der Verhandlungen erklärt hat.
Israel hat der palästinensischen Forderung nachgegeben, 104 palästinensische Häftlinge freizulassen, die wegen Mordtaten aus nationalistischen Motiven schon länger als zwanzig Jahre im Gefängnis sind. Über die Zeitpunkte der Freilassungen entscheidet die israelische Regierung je nach Verhandlungsfortschritt.
NÄCHSTE SCHRITTE
Das Nahost-Quartett (aus USA, Russland, UNO und EU) will rund drei Milliarden Euro Privatinvestitionen zur Stärkung der Wirtschaft in den Palästinensergebieten mobilisieren. Die Umsetzung soll nach Angaben des US-Außenministeriums bereits in den nächsten Wochen starten.
Kerry bekam von Israel Zusagen, "in den nächsten Wochen die Lebensbedingungen im Westjordanland und Gazastreifen zu erleichtern". Dabei geht es um die Aufhebung von Straßensperren und bürokratischer Restriktionen sowie die Lockerung der Blockade von Gaza, wo nach der Schließung der Grenze zu Ägypten ein zunehmender Treibstoffmangel herrscht.
US-General John Allen, ein früherer NATO-Oberbefehlshaber ist schon länger in der Region, um mit Israel Sicherheitsfragen zu regeln. Beide Regierungen haben angekündigt, über ein eventuelles Friedensabkommen Volksabstimmungen abzuhalten.
WAS WEITER GEHEIM IST
Alle direkt Beteiligten sind sich einig, Einzelheiten des Verhandlungsverlaufs streng vertraulich zu behandeln, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Insbesondere über die möglichen Kompromisslinien in den Schlüsselfragen wurde nichts Konkretes bekannt. Bislang ist auch unklar, wie die Gespräche im Detail ablaufen. Klar ist, dass die Stoppuhr seit dieser Woche tickt.
Auch ob es bereits Protokollnotizen, Zwischenergebnisse oder vorläufige Verpflichtungserklärungen zu den Kernthemen gibt, ist gegenwärtig nur dem engsten Kreis der Unterhändler bekannt. So bleibt es ein großes Geheimnis, wie die beiden Seiten die emotional stark befrachteten Themen lösen wollen - insbesondere die künftige Souveränität über die heiligen Stätten im Zentrum Jerusalems und die Rückkehrhoffnungen der Langzeitflüchtlinge. (afp)