Güterloh. Eine neue Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung deckt auf: Die Deutschen halten nur mittelmäßig zusammen. Sorgen bereitet vor allem die geringe Akzeptanz von Vielfalt in Deutschland. Dabei bedroht Einwanderung nicht den Zusammenhalt in einer Gesellschaft, fanden die Wissenschaftler heraus.

Beim gesellschaftlichen Zusammenhalt ist Deutschland nur Mittelmaß. In den skandinavischen Ländern hingegen ist der Zusammenhalt am stärksten ausgeprägt, wie aus einer am Dienstag in Gütersloh veröffentlichten Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht.

Unter 34 westlichen Staaten schnitt Deutschland demnach besonders gut bei der Anerkennung sozialer Regeln ab, während die Identifikation mit dem eigenen Land eher gering ausfiel. Als Schwachpunkt in der deutschen Gesellschaft machten die Wissenschaftler eine fehlende Akzeptanz von Vielfalt aus.

Für die Untersuchung werteten Wissenschaftler der Jacobs University Bremen unter der Leitung von Klaus Boehnke und Jan Delhey Daten aus den vergangenen 25 Jahren aus und fassten sie zu einem Index zusammen. Dabei griffen sie auf zahlreiche internationale Vergleichsstudien zurück. Erforscht wurde der gesellschaftliche Zusammenhalt in den EU-Staaten sowie in Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, der Schweiz, den USA und Israel.

Auf den Spitzenplätzen liegen Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland

Die Spitzenplätze in dem Länderranking belegten Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland. Einen starken Zusammenhalt verzeichneten die Wissenschaftler auch in den angelsächsisch geprägten Ländern Kanada und USA sowie Australien und Neuseeland. Ebenfalls vordere Plätze verbuchten die kleineren und wohlhabenden westeuropäischen Staaten Schweiz, Österreich oder Luxemburg.

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Schwach ausgeprägt ist der gesellschaftliche Zusammenhalt dagegen vor allem in den baltischen Staaten Litauen und Lettland sowie in den südosteuropäischen Ländern Bulgarien, Griechenland und Rumänien.

In Sachen Zusammenhalt ist in Deutschland ein Aufwärtstrend zu sehen

Deutschland landete im oberen Mittelfeld, wobei die Forscher der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren einen Aufwärtstrend bescheinigten: Die Deutschen haben demnach starke soziale Netzwerke, ein hohes Vertrauen in gesellschaftliche und politische Institutionen und empfinden die gesellschaftliche Situation als gerecht. Als mögliche Erklärung für die zuletzt positive Entwicklung gilt das relativ gute wirtschaftliche Abschneiden Deutschlands in den vergangenen Jahren trotz der Finanzkrise.

Anlass zur Sorge bereitet allerdings der Studie zufolge eine geringe Akzeptanz von Vielfalt in Deutschland. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern fiel die Bundesrepublik in diesem Punkt in den vergangenen Jahren sogar zurück. Die Akzeptanz von Vielfalt sei aber in modernen und heterogenen Gesellschaften ein wichtiger Aspekt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, hoben die Wissenschaftler hervor.

Einwanderung beeinflusst den Zusammenhalt in einer Gesellschaft nicht

Als günstige Bedingungen für ein gutes gemeinschaftliches Miteinander erwiesen sich der Studie zufolge vor allem Wohlstand und eine ausgeglichene Einkommensverteilung. Von zentraler Bedeutung ist auch der technologische Fortschritt hin zur Wissensgesellschaft.

Die häufig verbreitete Meinung, dass Einwanderung den Zusammenhalt bedroht, bestätigte sich demnach nicht: Der Anteil von Migranten in einer Gesellschaft habe keinen negativen Einfluss auf den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt, heißt es in der Untersuchung. (afp)