Washington. Der Bundesinnenminister erfährt bei seinem Kurztripp nach Washington, dass das Überwachungsprogramm Prism auch Inhalte von Telefonaten und Mails abgreift. Die wichtigsten Erkenntnisse rund um die Geheimdienstaktionen. Es bleiben aber noch Wissenlücken.

Ab sofort steht der kurze Arbeitsbesuch von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in Washington auf dem Prüfstand: Was hat der CSU-Politiker erreicht, um im Gespräch mit höchsten Stellen der Obama-Regierung die durch den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ausgelöste Daten- und Spionage-Affäre aufzuklären?

Hier die wichtigsten Aussagen Friedrichs:

  • Für Medienberichte, wonach Botschaften von Mitgliedsländern der Europäischen Union von den USA verwanzt und abgehört worden sein sollen, gab es durch amerikanische Stellen „keine Bestätigung“.
  • Amerikanische Geheimdienste, so wurde Friedrich versichert, spionieren keine deutschen Unternehmen aus.
  • Es gibt keine Vereinbarungen zwischen dem US-Geheimdienst NSA und deutschen Stellen über das Ausspionieren der Bürger des jeweils anderen Landes.
  • Ein aus den Nachkriegsjahren stammendes Abkommen zum Nato-Truppenstatut, das US-Stellen besondere Befugnisse zugesteht, was geheimdienstliche Tätigkeiten im Deutschland anbelangt, soll auf Wunsch der deutschen Seite bald aufgehoben werden.
  • Informationen, die US-Geheimdienste bei der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Deutschland gewonnen haben, sollen schrittweise von Geheimhaltungspflichten befreit werden. Dies, so Friedrich, sei die Voraussetzung für eine öffentliche Diskussion darüber. Deutschland werde den Prozesse begleiten, das Sagen haben die Amerikaner.
  • Das von Edward Snowden enthüllte Überwachungsprogramm „Prism“ ist kein Instrument zur flächendeckenden Überwachung. Geknüpft an enge richterliche Vorgaben verfolgten die USA damit allein anhand von konkreten Anhaltspunkten Terror-Gefahren, Organisierte Kriminalität und die potenzielle Weitergabe von atomaren Massenvernichtungswaffen.
  • Die Behauptung auch von US-Stellen, „Prism“ ziele allein auf das Gewinnen von so genannten Meta-Daten ab (wer hat wann mit wem telefoniert oder gemailt), sei falsch. „Prism“ ziele auf die Inhalte (über was hat wer mit wem gesprochen oder gemailt), sagte der Minister. Wie oft genau und warum deutsche Staatsbürger in dieses Raster gerieten? Friedrich weiß es nicht.

Der Minister wich der Frage aus, ob es für ihn in den Gesprächen mit Vize-Präsident Joe Biden, Justizminister Eric Holder und Anti-Terror-Beraterin Lisa Monaco Belege gegeben habe, dass die Amerikaner bei ihren geheimdienstlichen Tätigkeiten gegen deutsche Gesetze verstoßen haben. „Das wäre nicht in Ordnung“, sagte er. Details seien aber nicht kurzfristig zu erhalten, weil das „tief in die operative Ebene der Geheimdienste geht“. Friedrich: „Es gibt hier keine schnellen und leichten Antworten“. Mehr noch: Es sei ungewiss, ob er jemals öffentlich über Details aus geheimdienstlichen Operationen reden könne, weil dadurch Menschenleben gefährdet sein könnten.

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Friedrich will in den „guten und konstruktiven“ Gesprächen bekräftigt haben, dass es in Deutschland eine „hohe Sensibilität“ bei der Privatsphäre gibt. „Das ist bei den Kollegen angekommen.“

Abkommen soll gekippt werden

Was das Abkommen aus den 60er Jahren angeht, sei in Deutschland der Eindruck entstanden, dass die „Souveränität“ der Bundesrepublik beeinträchtigt sei. Dies hätten die „amerikanischen Freunde“ verstanden. Es obliege nun dem Außenministerium die Gespräche zu führen, um das über 40 Jahre alte Paragrafenwerk auszumustern.

Gespräche mit hochrangigen Vertretern der Geheimdienste hat Friedrich in Washington nicht geführt. Das obliege den Fachleuten, sagte er. „Ich bin Politiker und rede mit Politikern.“ Im September will Friedrich mit Justizminister Holder den „jetzt angestoßenen Dialog“ fortsetzen.

Friedrich ließ mehrfach sein Verständnis für die Überwachungsmaßnahmen der Amerikaner durchblicken. Das Land sei durch den 11. September 2001 tief paralysiert worden. Umgekehrt habe Deutschland – siehe Sauerlandgruppe – mehrfach von wertvollen Hinweisen der US-Geheimdienste profitiert. So seien Attentate verhindert worden.