Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fehlt der Wille, die Verwicklungen in der NSA-Überwachungsaffäre zu entwirren. Das Lauwarme an Friedrichs Haltung hat Gründe: Der Hoheitsanspruch der Amerikaner auf die Überwachung des globalen Datenverkehrs ist Deutschland schon länger bekannt. Ein Kommentar

Wenn Hans-Peter Friedrich nach der Bundestagswahl auf seine holprige Amtszeit als Bundesinnenminister zurückblickt, wird diese Dienstreise gewiss kein Quell der Zufriedenheit sein. Noch bevor der CSU-Politiker gestern in Washington eintraf, sozusagen als Chef-Ermittler in der NSA-Überwachungsaffäre, machte sich ein Defizit bemerkbar: Der entschiedene Wille zur Aufklärung ist nicht wirklich vorhanden.

Friedrich fasst das Thema seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den US-Geheimdienst durch Edward Snowden mit spitzen Fingern an. Mal haut er mit gespielter So-geht-das-nicht-Entrüstung auf den Tisch, dann „ärgert“ ihn, dass dem Verbündeten USA finstere Big-Brother-Absichten unterstellt werden.

Lauwarme haltung

Das Lauwarme an Friedrichs Haltung hat Gründe. Deutsche Regierungen, nicht nur die amtierende, wussten im Grundsatz sehr genau Bescheid über den Anspruch der Amerikaner, nach dem 11. September 2001 die unangefochtene Oberhoheit bei der Überwachung des globalen Datenverkehrs zu erlangen.

Regelmäßig waren deutsche Nachrichtendienste Profiteure. Manche Äußerungen aus den Reihen von SPD und Grünen, Parteien der Ex-Regierungsverantwortung, sind darum wegen ihres Heuchelfaktors schwer zu ertragen. Das macht die fehlende Gradlinigkeit dieses Innenministers aber nicht besser.

Verfolgungsängste

Berlin kann Washington gewiss nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen. Dazu ist die Anmaßung auf der anderen Seite des Atlantiks zu groß, im Zweifelsfall gegen alle in­ternationalen Gepflogenheiten allein zu entscheiden, was der nationalen Sicherheit abträglich ist und was nicht. Was Berlin aber kann und muss: unüberhörbar warnen, mahnen sowie Verhältnismäßigkeit einklagen. Und zur Not die Schotten vorübergehend dichtmachen.

In der von Paranoia, Verfolgungsängsten, Misstrauen und Abschottung geprägten amerikanischen Gesellschaft sind die Kollateralschäden seit langem zu besichtigen, die es mit sich bringt, wenn das Streben nach Sicherheit Züge von Besessenheit trägt. Der Verhinderung von Terror wird alles untergeordnet, auch die in der Verfassung zementierte größte Errungenschaft: der liberale Rechtsstaat.