Washington. . Der Londoner „Guardian“ zitierte aus neuen Dokumenten des flüchtigen Geheimdienstlers Edward Snowden. Danach gab es eine systematische Zusammenarbeiten des US-Konzerns Microsoft mit dem Geheimdienst NSA. So soll der Software-Riese unter anderem dafür gesorgt haben, dass die Agenten auch verschlüsselte E-Mails lesen können.

„Ihre Privatsphäre ist unsere Priorität“. Mit diesem Slogan geht Amerikas Software-Riese Microsoft seit geraumer Zeit auch in Deutschland auf Kundenfang. Neue Details aus den Enthüllungen des immer noch flüchtigen ­Ex-US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden setzen jetzt aber große Fragezeichen hinter die von dem Wunsch nach mehr Datenschutz getriebene Werbebotschaft.

Wie die englische Zeitung „Guardian“ berichtet, hat der ­Konzern dem amerikanischen ­Geheimdienst NSA aktiv dabei ­geholfen, die E-Mails von Kunden des Portals Hotmail.com und ­dessen Nachfolger Outlook.com abzufangen – und zwar bevor die Nachrichten zur Versendung verschlüsselt wurden. Der Microsoft-Cloud-Dienst „SkyDrive“ mit cirka 250 Millionen Nutzern weltweit habe zudem eine eigene Schnittstelle zur NSA unterhalten.

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Darüber hinaus habe Microsoft der NSA über fünf Monate tech­nische Schützenhilfe geleistet, die Verschlüsselung von Nachrichten zu umgehen, um sie direkt abzu­fischen. US-Geheimdienste und die Bundespolizei FBI bekamen zudem die Möglichkeit, über den beliebten Internet-Telefonie-Dienst „Skype“ geführte Videotelefonate mitzuschneiden. Die Zahl der überwachten Gespräche soll sich binnen kurzer Zeit verdreifacht haben. Weltweit nutzen 660 Millionen Menschen „Skype“, das seit 2011 zu Microsoft gehört.

Zugang zu den „Kronjuwelen“

Laut Snowden gelang die Überwachung im Mega-Maßstab, nachdem Microsoft an das global ein­gesetzte NSA-Spionageprogramm Prism angedockt worden sei. Den Ertrag der Informationen, die die NSA-Abteilung „Special Source Operations“ (SSO) auswerte, charakterisiert Snowden als „Kronjuwelen“.

Mit den Vorwürfen konfrontiert, erwiderte der milliardenschwere Windows-Konzern in einer knapp gehaltenen Mitteilung, dass eine Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen stets auf Einzelanfragen basiere und gesetzliche Grundlagen habe. Keinesfalls aber würde ein flächendeckender Zugriff in Form eines Blankoschecks ermöglicht.

Zahlen nicht überprüfbar

Erst vor wenigen Tagen hatte Microsoft berichtet, dass US-Geheimdienste in den letzten sechs Monaten des Vorjahres detaillierte Informationen zu insgesamt 32 000 Konten bei unterschiedlichen Diensten des Konzerns angefordert hätten. Warum, weshalb genau? Kein Kommentar.

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Unabhängig überprüfbar sind die Zahlen nicht. Hintergrund: Nach dem amerikanischen Gesetz für Auslandsspionage (Fisa) war den Internet-Unternehmen bis vor kurzem nicht einmal gestattet, grob Auskunft über das Ausmaß staatlicher Überwachungsbegehren zu geben, das allein durch ein geheim tagendes Gericht in Washington festgelegt wird.

Erst durch den öffentlichen Druck nach den ersten Snowden-Enthüllungen Anfang Juni wurde der „Maulkorb“ gelockert. Zum Missfallen der Firmen. Microsoft bekundete mehrfach, es gebe „Aspekte der Debatte, die wir gerne freier diskutieren würden“. Allerdings sei man durch US-Gesetze strikt zur Zusammenarbeit mit dem Staat verpflichtet - und zu absoluter Verschwiegenheit.

Microsoft bestreitet die Vorwürfe

Weiter strittig bleibt darum, ob Edward Snowden die Wahrheit sagt, wenn er behauptet, die NSA könne mit technischer Unterstützung der Industrie quasi nach eigenem Gutdünken auf konkrete Kommunikationsdaten im In- und Ausland zugreifen. Microsoft & Co. bestreiten bisher energisch, dass Behörden ohne Umwege direkt ihre Daten-Server anzapfen können.

In seinem ersten großen Video-Interview in Hongkong hatte Edward Snowden detailliert berichtet, dass Firmen wie Google, Facebook, Apple und Microsoft der NSA „einen direkten Zugang zu ihren Daten geben, den sie nicht beaufsichtigen müssen, damit sie dafür später nicht haftbar gemacht werden können“.

„Metadaten sahen vollständig aus“

Das Einzelbeispiel Skype, ursprünglich eine schwedisch-dänische Firma, zeigt nach Angaben des „Guardian“, wie unbekümmert der Datenschutz von amerikanischen Stellen ausgehebelt wird. Danach habe die NSA seit 14. Juli 2012 uneingeschränkten Zugang zu den verschlüsselten Gesprächen von Skype-Nutzern besessen. Davor konnte der Geheimdienst nur den Ton mitschneiden.

In einem Papier der NSA von Snowden heißt es lapidar: „Die gesammelten Skype-Anrufe waren sehr klar und die Metadaten sahen vollständig aus.“