Bad Salzuflen/Bochum. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Landesparteitag der CDU in NRW den Stellenwert Nordrhein-Westfalens für die Bundestagswahl betont. Die Kanzlerin bewies Selbstbewusstsein und gewährte erste Einblicke in ihr nächstes Regierungsprogramm. Die eigene Partei warnte sie trotz bester Umfragen vor verfrühter Siegeszuversicht.

Merkel, Merkel, Merkel – 78 Tage vor der Bundestagswahl verdichtet die NRW-CDU ihr Programm auf die Rolle als Kanzlerwahlverein. Der CDU-Landesparteitag in Bad Salzuflen empfängt die Kanzlerin Angela Merkel mit minutenlangem Beifall. Die beweist pralles Selbstbewusstsein und gewährt erste Einblicke in ihr nächstes Regierungsprogramm: Den SPD-Herausforderer Peer Steinbrück, der zeitgleich in Bochum gegen den aktuellen Negativtrend ankämpft, erwähnt die umfragenverwöhnte CDU-Chefin mit keinem Wort. Ein Fernduell mit ungleichen Waffen.

Landeschef Armin Laschet hat die 650 Delegierten in Ostwestfalen locker auf die Vorsitzende eingestimmt. „Die SPD wäre froh, wenn sie ein Kanzlerwahlverein wäre.“ Während die Sozialdemokraten ihren Kandidaten verstecken müssten, brauche sich die CDU für die beliebteste Politikerin nicht zu schämen, wehrt sich Laschet gegen den Vorwurf, dass die Union profillos hinter der Ikone Merkel verschwindet.

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Merkel warnt die eigene Partei trotz bester Umfragen vor verfrühter Siegeszuversicht. „Die Frage, wie NRW am 22.September abschneidet, ist ein Schlüssel für die Bundestagswahl.“ Der Parteichefin ist nicht verborgen geblieben, dass die Union in NRW mit 35 Prozent um fünf Punkte hinter dem Bundestrend dümpelt. Die CDU-Chefin stilisiert die Bundestagswahl zur Richtungsentscheidung für Deutschland und fordert eine offensive Wählerwerbung auf der Straße.

Das Merkelsche Mantra der Zuspitzung: Blockadepolitik von Rot-Grün gegen Industriepolitik der schwarz-gelben Koalition. „Arbeit für alle wird das zentrale Ziel der nächsten Legislaturperiode“, gibt Merkel den Kurs vor. Das Rezept der Kanzlerin: „Hände weg von Steuererhöhungen. Das ist Gift für Deutschland.“ Merkel verlangt ein Machtwort von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) für den Weiterbau des Kohlekraftwerks Datteln IV. „Wir werden NRW nicht aus der Verpflichtung entlassen.“ CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann wird in westfälischer Mundrat deutlicher. „Die Grünen sind die Feinde der Industriepolitik, und die SPD steht Kolonne.“

Römer: "Frau Merkel hat von NRW keine Ahnung"

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, wies die Kritik von Merkel zum Kohlekraftwerk Datteln IV gegenüber WAZ Online scharf zurück. “Frau Merkel hat von NRW keine Ahnung: Im vergangenen Jahr hat sie Münster ins Ruhrgebiet verlegt, nun kennt sie die Fakten in Datteln nicht. Die rot-grüne Landesregierung muss nun dort den Murks beseitigen, den CDU und FDP uns hinterlassen haben. Das tun wir nach Recht und Gesetz. Frau Merkel wäre gut beraten, Ihre Verantwortung für die Energiewende wahrzunehmen. Damit wäre NRW geholfen.”

Delegierte feierten die Kanzlerin

Die Delegierten in der Messe Ostwestfalen feiern ihre Kanzlerin, Antrags- und Flügeldebatten passen nicht in die Zeit. Eine Aussprache findet mangels Rednern nicht statt. Die CDU weiß, dass der Wähler nichts mehr schätzt als Geschlossenheit. Auch die Frage, wer mit wem nach dem 22.September koalieren könnte, ist offiziell kein Thema. Nur so viel: Laschet lehnt eine Leihstimmenkampagne für die FDP ab, weil die Liberalen „mit Sicherheit“ in den nächsten Bundestag kommen würden.
Der Parteitag beschließt ein Papier, in dem die CDU Impulse für ein Aufsteigerland NRW fordert. Schwerpunkt: NRW muss Industrieland bleiben.

In ihrer knapp einstündigen Rede zieht Merkel eine zufriedene Bilanz der schwarz-gelben Bundesregierung. „Es läuft nicht immer zu 100 Prozent super, aber immer in die richtige Richtung“, lobt sich die Kanzlerin selbst. In der nächsten Legislatur will sie die volle Mütterrente auch für Kinder der Jahrgänge vor 1992 einführen. „Eine Mutter mit zwei Kindern bekommt dann 650 Euro mehr Rente pro Jahr.“ Dass die Union in einer neuen Bundesregierung mit der FDP dafür noch viel Überzeugungsarbeit leisten müsste, beunruhigt Merkel nicht. „Wir werden das durchsetzen.“