Washington. Der Oberste Gerichtshof der USA hat ein umstrittenes Bundesgesetz gegen die Homo-Ehe gekippt. Bei der Entscheidung des “Supreme Court“ ging es um das Gesetz zur Verteidigung der Ehe, das die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau definiert. Es sei verfassungswidrig, entschied der Gerichtshof.
Historischer Justiz-Moment in den USA: Rund 120 000 homosexuelle Ehe-Paare können aufatmen. Der Oberste Gerichtshof in Washington hat am Mittwoch mit 5:4-Stimmen ein Gesetz gekippt, das schwulen oder lesbische Ehepaaren im Steuer-, Versicherungs- oder Sozialrecht dieselben Vorteile verwehrte, die Ehen zwischen Mann und Frau genießen.
Der "Defense of Marriage Act" (Doma, Gesetz zur Verteidigung der Ehe) wurde 1996 auf Druck der Republikaner unter dem damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton im Kongress verabschiedet. Es untersagte den nationalen Behörden unter anderem, in den Bundesstaaten geschlossene Homo-Ehen anzuerkennen. Dagegen geklagt hatte Edith Windsor. Die heute 84-Jährige sollte nach dem Tod ihr Ehefrau Thea Spyer 2007 rund 360.000 Dollar Erbschaftssteuer zahlen, weil die Finanzbehörden den Ehestatus nicht anerkannten. Der Supreme Court bezeichnete dies am Mittwoch mehrheitlich als nicht hinnehmbaren Verstoß gegen das in der US-Verfassung festgeschriebene Prinzip der Gleichheit aller vor dem Gesetz. Zünglein an der Waage war einmal mehr der eigentlich als konservativ geltende Richter Anthony Kennedy.
Zwei Drittel der Amerikaner unterstützen gleichgeschlechtliche Ehe
Die Rechtsprechung des höchsten amerikanischen Gerichts bewegt sich in einem entsprechenden gesellschaftlichen Klima. Nach jüngsten repräsentativen Meinungsumfragen unterstützen inzwischen rund zwei Drittel der Amerikaner die gleichgeschlechtliche Ehe. Noch 2006 war es genau andersherum.
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Der Sinneswandel hat prominente Anführer. Bei seiner zweiten Amtseinführung sagte Präsident Barack Obama im Januar vorher noch nie Gehörtes: „Unsere Reise wird nicht vollendet sein, bis unsere homosexuellen Brüder und Schwestern rechtlich wie alle anderen behandelt werden." Dazu passt, dass große Wirtschaftsverbände vor der mündlichen Verhandlung des Supreme Courts im Frühjahr in ganzseitigen Zeitungsanzeigen eindringlich für die Homo-Ehe warben. Laura Bush, Ehefrau von Ex-Präsident George W. Bush, machte sich ebenso für die Sache stark wie dessen ehemaliger Vize-Präsident Dick Cheney, der eine lesbische Tochter hat.
35 US-Bundesstaaten haben die Homo-Ehe noch verboten
In zwölf von 50 Bundesstaaten ist die Homo-Ehe inzwischen offiziell legal, 35 haben sie noch verboten, der Rest hält Partnerschaftsmodelle unterhalb der Ehe bereit. An diesem Flickenteppich wird sich grundlegend kurzfristig nichts ändern.
In einem zweiten Klagefall, dem im Vorfeld höhere Bedeutung beigemessen wurde, gaben die höchsten Richter die Angelegenheit zurück an den Bundesstaat - in diesem Fall Kalifornien. Dort hatte das Volk im Jahr 2008 die Homo-Ehe mit knapper Mehrheit aufgehoben, nachdem sie zuvor gerichtlich eingeführt worden war. Die dagegen eingereichte Klage wurde ebenfalls am Mittwoch in Washington abgewiesen. In einer alle ideologischen Lager sprengenden Entscheidung erklärten sich die neun Richterinnen und Richter, die für gewöhnlich stramm konservativ oder liberal-moderat entscheiden, letztlich für nicht zuständig.
Experten sehen "klaren Sieg für die Homo-Ehe"
Das von Schwulen- und Lesbenverbänden erhoffte Jahrhunderturteil, das die Homo-Ehe landesweit zum Gebot gemacht hätte, blieb aus. Untergeordnete Gerichte im Westküsten-Bundesstaat müssen sich der Sache formal erneut annehmen. Sie hatten zuvor das Ergebnis des Volksentscheids als Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung bewertet. Die Rechtsmeinung von gestern führt nun dazu, dass Schwule und Lesben in Kalifornien wieder offiziell heiraten dürfen.
Übereinstimmend werteten Rechtsexperten beide Richtersprüche aus Washington als „klaren Sieg für die Homo-Ehe“. Mit der vorherigen Entscheidung zum „Defense of Marriage Act" sei dem Staat die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Ehen ab sofort ein für allemal untersagt. Präsident Obama sprach wohlwollend von einem "historischen Schritt".