Berlin. . Vor der Bundestagswahl buhlen die Parteien intensiv um die Stimmen der Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund. Immerhin 5,6 Millionen Menschen dürfen abstimmen. Die SPD liegt hier traditionell vorn, doch auch die anderen Parteien bewegen sich.
Schon zehn Prozent der wahlberechtigten Bürger in Deutschland kommen aus Zuwanderer-Familien. Zur Bundestagswahl kämpfen die Parteien so engagiert um ihre Stimmen wie noch nie – Migranten mit deutschem Pass könnten das Zünglein an der Waage sein.
Bei der SPD klingt das etwa so: „Wir müssen für uns werben, die SPD ist eindeutig die Partei der Migranten“, sagt Parteivize Aygan Özuguz. Die türkischstämmige SPD-Abgeordnete ist seit gestern Vorsitzende einer neuen Partei-Arbeitsgemeinschaft „Migration und Vielfalt“, mit der die SPD Hoffnungen verbindet: Sie soll den Migranten mehr Gehör verschaffen und sie fester an die SPD binden.
Bei Migranten liegt SPD vorn
Traditionell wählen Migranten stärker links als die Gesamtbevölkerung: Nach Daten des Mannheimer Wahlforschers Andreas Wüst lag die SPD bei der Bundestagswahl 2009 in dieser Wählergruppe mit 32 Prozent vor der CDU (28 Prozent); bei türkischstämmigen Wählern hatte die SPD sogar die absolute Mehrheit, die Union lag mit 13 Prozent hinter Grünen und Linken.
Bundestagswahl 2013Diesmal buhlen alle Parteien offensiv um die über 5,6 Millionen Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund. Die CDU hat vor ein paar Monaten demonstrativ vier Politiker aus Zuwandererfamilien in den Parteivorstand gewählt. Ein neues „Netzwerk Integration“ soll zudem mehr Migranten in die Partei locken. „Wir wollen das Feld nicht der SPD überlassen“, sagt Netzwerk-Chef Bülent Arslan aus Viersen. Arslan leitet auch das deutsch-türkische Forum der CDU: Viele Türken, meint er, seien doch eher konservativ.
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Allerdings lehnt die CDU den EU-Beitritt der Türkei und die doppelte Staatsangehörigkeit ab, beides wichtige Anliegen für Migranten. Dieses Problem haben die anderen Parteien nicht. Die Grünen haben sich frühzeitig geöffnet, ihr neues Netzwerk „Yesiliz“ (Wir sind Grün) soll gezielt Zuwanderer umwerben. Und die FDP hat Anfang Mai ein „Liberales Forum Vielfalt“ aus der Taufe gehoben, das als Vorfeldorganisation Menschen mit Zuwanderungs-Biographie anlocken soll. In der Linkspartei drängt die Arbeitsgemeinschaft Migration darauf, Zuwanderer auf sichere Listenplätze zu setzen.
Erster Schwarzer im Bundestag
Im Bundestag sind Migranten unterrepräsentiert, derzeit haben 16 der 622 Abgeordneten einen Migrationshintergrund – sechs Grüne, vier bei der SPD, drei bei der Linken, zwei bei der FDP und eine bei der Union. Doch es bewegt sich was. Im NRW-Wahlkreis Hagen etwa stellte die CDU ihr Landesvorstandsmitglied Cemile Giousouf auf, die die erste türkischstämmige Abgeordnete der CDU im Bundestag werden soll. Die SPD ist weiter. In Sachsen-Anhalt hat sie den im Senegal geborenen Karamba Diaby auf einem sicheren Listenplatz nominiert: Der Chemiker zieht aller Voraussicht nach als erster Schwarzafrikaner in den Bundestag ein.