Essen. Die Johanniter sorgen sich um das Ehrenamt beim Rettungsdienst. Grund dafür ist der Einstieg der dänischen Falck-Gruppe ins deutsche Rettungswesen. Viele bisherige Ehrenamtler hätten ihr Engangement eingestellt, nachdem Falck die Vorsorgung vor Ort übernommen hat, so die Johanniter.

Der weltweit größte private Rettungs-Konzern, die dänische Falck-Gruppe mit rund 20.000 Mitarbeitern, baut Nordrhein-Westfalen als Sprungbrett für den deutschen Markt aus. Dabei verdrängt er im Kranken- und Unfalltransport traditionelle deutsche Wohlfahrtsverbände, die bisher oft ein Monopol hatten. Das stößt zunehmend auf Widerstand: Die Verlagerung zerstöre ehrenamtliche Strukturen vor Ort. Politiker von SPD und CDU in NRW verlangen strengere Zulassungsregeln im Landesrettungsgesetz.

Falck-Fahrzeuge und -helfer sind bundesweit an sechs Orten im Einsatz – in Gelsenkirchen, Hamm, Herten, Pulheim, seit dieser Woche in Lüdenscheid und in einem ostdeutschen Kreis. Der dänische Konzern hat sich als kostengünstigster oder bester Anbieter bei Ausschreibungen durchgesetzt, die seit 2010 nach einem Entscheid des Europäischen Gerichtshofes Pflicht sind.

Die Johanniter Unfallhilfe warnt jetzt vor dem Zerfall ehrenamtlicher Strukturen beim Rettungsdienst und im Bevölkerungsschutz. Die evangelische Hilfsorganisation musste nach eigenen Angaben bereits mehrere Einsatzeinheiten in NRW auflösen, nachdem private Anbieter wie Falck oder auch Kommunen Aufträge übernommen hatten. Während viele hauptamtliche Mitarbeiter zu den neuen Anbietern wechseln konnten, hätten viele Ehrenamtler das Engagement eingestellt.

Ehrenamtliche fehlen auch beim Bevölkerungsschutz

Die Helfer sind aber in der Regel nicht nur im Rettungsdienst aktiv, sondern auch beim Bevölkerungsschutz – zum Beispiel als Sanitäter bei Großereignissen wie den Public Viewings zum Champions-League-Finale. Fehlten die Ehrenamtlichen hier, würden die Großfeste teurer werden – oft für den Steuerzahler. Ähnlich äußern sich andere gemeinnützige Dienste wie das DRK.

Unterstützung bekommen die Johanniter aus der Politik. Die Landtagsabgeordnete Ina Scharrenbach (CDU): „Wir haben die Sorge, dass die ehrenamtlichen Strukturen schlicht zerschlagen werden.“ Ihre Fraktion will – ebenso wie die der SPD – dass das jetzige System erhalten bleibt. Die Parteien fordern eine Ausnahme für Rettungsdienste von der Pflicht zur Ausschreibung städtischer Aufträge. Dies wird gerade auf EU-Ebene verhandelt. Auch das NRW-Rettungsdienstgesetz müsse entsprechend gestaltet werden. Michael Scheffler (SPD): „Ich kann mir auch vorstellen, dass wir auch einen Mindestlohn mitaufnehmen müssen.“