Berlin. . Das Kindergeld wird zum Wahlkampfschlager: Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel verspricht mehr Bargeld für Familien mit Kindern, auch die SPD will mit einem neu gestaffelten Kindergeld Familien mit kleinem Einkommen stärken. Doch das Wundermittel der Wahlkämpfer ist bei Experten höchst umstritten.

Das Kindergeld wird zum Wahlkampfschlager: Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel verspricht mehr Bargeld für Familien mit Kindern, auch die SPD will mit einem neu gestaffelten Kindergeld Familien mit kleinem Einkommen stärken. Doch das Wundermittel der Wahlkämpfer ist bei Experten höchst umstritten. „Wirkungslos“ – lautet das Urteil der jüngsten Kindergeld-Studie des Münchner Ifo-Instituts. Noch im Juni will die Bundesregierung ihre seit vier Jahren laufende Gesamtbewertung aller 156 familienpolitischen Leistungen vorlegen.

Ein Nullsummenspiel

Das Kindergeld ist die bekannteste Leistung für Familien mit Kindern. Und keine ist so beliebt. Laut Allensbach-Umfrage sagen neun von zehn Kindergeld-Beziehern, dass die monatliche Überweisung „besonders wichtig“ für die Familie ist. 184 Euro gibt es für das erste und zweite Kind, 190 Euro für das dritte. „Unter keinen Umständen“ dürfe der Staat in diesem Bereich sparen – das sagen immerhin acht von zehn Eltern, die Kindergeld bekommen.

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Von Julia Emmrich

Die Forscher des Ifo-Instituts dagegen kritisieren die monatliche Barauszahlung. Das Kindergeld verbessere nicht die wirtschaftliche Situation der Familien, weil es Mütter vom Arbeitsmarkt fern halte. Am Beispiel der Kindergelderhöhung von 1996 weisen die Forscher nach, dass vor allem Mütter mit Partnern und in Haushalten mit niedrigem Einkommen weniger arbeiten.

Die Folge: Ein Nullsummenspiel fürs Familieneinkommen. Kindergelderhöhung und Arbeitszeitreduzierung gleichen sich aus. Ebenfalls wirkungslos sei das Kindergeld für die Steigerung der Geburtenrate: „Bei der Entscheidung, Kinder zu bekommen, spielen für junge Paare rein monetäre Leistungen keine Rolle“, so Familienökonom Helmut Rainer vom Ifo-Institut. Effektiver seien Investitionen in gute Betreuungsangebote.

200 Milliarden für Ehe und Familie

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Das Kindergeld ist eine von 156 ehe- und familienpolitischen Leistungen. 2010 gab der Staat rund 200 Milliarden Euro für Ehen und Familien aus, davon machte das Kindergeld 40 Milliarden aus. Seit 2009 arbeiten verschiedene Institute an einer Gesamtbewertung der deutschen Familienleistungen. Das Kindergeld-Gutachten des Ifo-Instituts ist ein Teil davon. Die Bundesregierung will das Ergebnis der wissenschaftlichen Gesamtanalyse aller familienpolitischen Leistungen nun doch noch vor der Wahl vorstellen.

Das Familienministerium bestätigte dieser Zeitung, dass die beiden zuständigen CDU-Minister Kristina Schröder und Wolfgang Schäuble in den kommenden Wochen gemeinsam politische Schlüsse aus dem bislang größten Leistungs-Check ziehen wollen. Die Opposition, aber auch die Liberalen hatten immer wieder beklagt, dass die zum Teil regierungskritischen Ergebnisse nur scheibchenweise veröffentlicht worden waren. Immerhin üben die Wissenschaftler auch massive Kritik am Ehegattensplitting.

SPD gegen höhere Mütterrente

Angela Merkel setzt sich nun mit ihrem Wahlkampfgeschenk für Familien über die Kritik der Wissenschaftler hinweg. Neben der Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag will die CDU-Chefin auch die Renten für Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben erhöhen.

Die FDP kritisierte am Wochenende solche „Wohlfahrtsprogramme auf Pump“. Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sieht keinen Finanzspielraum für höhere Mütterrenten. Mit anderen Worten: Für ihre Geschenke fehlt der Union im Moment der passende Partner.