Berlin. . Der Zwischenbericht zur Qualität der finanziellen Förderung von Ehe und Familie sorgt im Regierungslager für Unruhe. Das Familienministerium versucht, die Ergebnisse der Forscher herunterzuspielen und die SPD eröffnet die Debatte um Reformen.

Was ist der Maßstab für eine effektive Familienpolitik? Etwa die Geburtenrate - die seit Jahren im Keller ist? Steffen Seibert sieht das anders. Das Hauptziel der Regierung seien gute Lebensbedingungen für Eltern und Kinder und nicht etwa hohe Geburtenraten, verteidigte der Regierungssprecher am Montag die schwarz-gelbe Familienpolitik.

Damit reagierte er auf die Analyse mehrerer Forscher, die seit 2009 im Auftrag der Regierung prüfen, wie wirkungsvoll 13 wichtige familienpolitische Maßnahmen sind. Der angebliche Zwischenbericht, aus dem der Spiegel am Wochenende zitierte, fiel demnach schlecht aus. Das Kindergeld: „wenig effektiv“. Das Ehegattensplitting: „ziemlich unwirksam“. Die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung: „besonders unwirksam“.

Die Studie als „Regierungsbericht“ zu bezeichnen, „ist unseriös“

Obwohl der Report wohl auch die Vorgängerregierungen abwatschte, ist er für Familienministerin Kristina Schröder (CDU) vor der Bundestagswahl dennoch besonders unangenehm. Folglich versuchte eine Sprecherin am Montag, den Bericht herunterzuspielen. Es handle sich um eine Studie von Wissenschaftlern. Sie als Regierungsbericht zu bezeichnen, wie der Spiegel es tat, sei „unseriös“. Ob die Studie noch vor der Bundestagswahl komme, ließ die Sprecherin offen.

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Nicht nur die Opposition wirft der Familienministerin vor, den Check der Leistungen in die Länge zu ziehen. „Ich dachte, dass der Bericht wesentlich früher kommt“, sagte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Dorothee Bär (CSU), der WAZ Mediengruppe. Zugleich drängte sie auf eine rasche Veröffentlichung. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Bericht bis nach der Bundestagswahl unter Verschluss gehalten werden kann“, sagte Bär. Druck macht auch die FDP. „Der Bericht muss vor der Bundestagswahl kommen“, sagte Familienpolitikerin Miriam Gruß. „Aber das Ministerium vertröstet uns.“

Mehr Geld für Kinderbetreuung

Ohnehin zeichnet sich schon jetzt eine breite politische Debatte ab, welche Leistungen für Familien und Ehepaare heute noch sinnvoll sind. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kündigte gestern an, alle familienpolitischen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen, falls die Sozialdemokraten die Wahl gewinnen. „Wir brauchen eine Umstellung der Familienpolitik“, sagte Steinbrück Spiegel Online. „In Zukunft kann es nicht darum gehen, an einzelnen Instrumenten herumzustricken.“ Die SPD wolle so viel Geld wie möglich in die Infrastruktur stecken. „Der Fokus muss auf einer verbesserten Betreuung liegen. Sowohl im Kleinkindbereich als auch in der Schule.“

Auch in anderen Punkten ist im Kern klar, wohin die familienpolitische Reise mit der SPD gehen könnte. Sie strebt ein nach Einkommen gestaffeltes Kindergeld an und will die Kinderfreibeträge bei Spitzenverdienern begrenzen. Eine Individualbesteuerung soll das Ehegattensplitting sukzessive ersetzen.

SPD setzt auf Teilzeit, Grüne auf Kindergrundsicherung

Die SPD möchte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch eine Förderung der Teilzeitarbeit stärken. Per Stufenplan will sie den Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote in Kitas und Schulen bis 2020 verwirklichen.

Die Pläne der Grünen gehen zum Teil in die gleiche Richtung. Sie wollen ebenfalls das Ehegattensplitting abschmelzen, dafür aber in die Kindergrundsicherung einsteigen. Für Kinder wollen sie die Hartz-IV-Regelsätze neu berechnen und erhöhen. Angedacht sind auch mehr Vätermonate in Elternzeit und das Rückkehrrecht auf Vollzeitstellen.