Essen/Duisburg. . Islamisten sollen die Bombe auf Bonner Bahnhof platziert haben. Nur weil im Dezember 2012 der Zünder versagte, blieb ein Blutbad aus. Ein Anschlag auf Pro-NRW-Chef Markus Beisicht wurde nur knapp vereitelt. Die Spur führt auch nach Essen und Duisburg. Ermittler gehen davon aus, eine der gefährlichsten Terrorzellen in Deutschland aufgespürt zu haben.
Die Bundesanwaltschaft ist offenbar einer der gefährlichsten Terrorzellen auf der Spur, die in Deutschland seit dem 11. September 2001 aufgeflogen sind. Belege der Ermittler gegen die Verdächtigen, die unter anderem aus Essen und Duisburg stammen, erweisen sich als zunehmend belastbar.
Die „militant islamistische Gruppe“ soll nicht nur versucht haben, am 13. März in Leverkusen Markus Beisicht zu töten, den Chef der rechtspopulistischen Partei „Pro NRW“. Mitglieder aus ihrem Kreis haben den Ermittlungen zufolge auch die Bombe auf dem Bonner Hauptbahnhof platziert, die am 10. Dezember 2012 viele Bahnkunden töten sollte. Nur weil der Zünder versagte, blieb der Bundesstadt ein Blutbad erspart.
„Mittlerweile haben sich Hinweise auf einen Zusammenhang der beiden Tatgeschehen verdichtet“, sagte Frauke Köhler, die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, der Funke Mediengruppe. Weitere Details nannte sie „mit Blick auf die laufenden Ermittlungen“ nicht.
Auch Ehefrau unter Verdacht
Der Generalbundesanwalt, der wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt, hat in der vergangenen Woche den Kreis der Beschuldigten von vier auf fünf ausgeweitet, berichtet der „Spiegel“. Unter Verdacht steht jetzt auch die Ehefrau des Bonner Salafisten Marco G. Er war auf Anweisung der Dortmunder Staatsanwaltschaft von Essener Spezialeinheiten der Polizei unmittelbar vor dem geplanten Anschlag auf „Pro-NRW-Mann“ Beisicht 150 Meter vor dessen Haus gestoppt und festgenommen worden.
Die wichtigste Fährte: Eine DNA-Spur der Ehefrau. Sie wurde auf dem Wecker gefunden, der beim Bonner Anschlag als Zünder dienen sollte. Auf einem ebenfalls zu den sichergestellten Bombenresten gehörenden und mit Druckgaspatronen umwickelten Rohr befand sich ein genetischer Abdruck des zweijährigen Kleinkindes von G. Das Kind hatte offenbar vor dem Zusammenbau des Sprengkörpers in der Wohnung der Familie im Bonner Stadtteil Tannenbusch mit dem Rohrstück gespielt.
DNA der Ehefrau und des Kindes
Nicht nur die weitgehende „familiäre“ Übereinstimmung der DNA-Spuren an den Bombenteilen und der DNA des festgenommenen G. ist Beleg für die Fahnder, dass zwischen den beiden gescheiterten Anschlägen ein Zusammenhang besteht. Auch 600 Gramm Ammoniumnitrat, die bei G. gefunden worden waren, entsprechen in ihrer Zusammensetzung dem Sprengstoff, der das Bonner Bahnhofs-Massaker anrichten sollte. Überdies hatte G., der von der Polizei vor dem geplanten Anschlag auf Beisicht abgehört worden war, mit Bezug auf den Bonner Vorgang gesagt: „Wenn die ein Haar von mir finden, bin ich dran. Dann kriege ich mindestens fünf Jahre.“
G., der wegen räuberischer Erpressung vorbestraft ist, und seine türkischstämmige Frau stammen aus Oldenburg in Norddeutschland. Die drei anderen Beschuldigten – alle Verdächtige sind deutsche Staatsbürger – haben ihre Wurzeln im Rhein-Ruhr-Raum.
Der „Lehrer“ aus Duisburg
Tayfur S. und Koray D. haben in Essen gelebt. Der mit G. inhaftierte 42-jährige Enea B., ein gebürtiger Albaner, hat im Duisburger Stadtteil Homberg gewohnt. Er scheint eine Art „Lehrer“ der Gruppe gewesen zu sein, der ihr Schieß- und Sprengstoff-Unterricht gab. Enea B., der El Kaida nahestehen soll, soll im Rahmen der deutschen Aufbauhilfe für ost- und südosteuropäische Staaten im Gebrauch der Waffen von NRW- Elitepolizisten ausgebildet worden sein.
Unklar ist bisher, auf welcher rechtlichen Grundlage die Ermittler an die DNA von Ehefrau und Kind von G. gekommen sind. Erst jüngst hatte ein Urteil des Bundesgerichtshofes die Entnahme genetischer Spuren bei nicht direkt Tatverdächtigen stark eingeschränkt.