Washington. Als Präsident Barack Obama 2009 sein Amt antrat, hofften Kriegsgegner in den USA auf mehr Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land. Doch bislang enttäuschte Obama viele Amerikaner, weder schloss er Guantanamo, noch beendete er die Drohneneinsätze. Nun kündigt er eine neue Politik im Antiterrorkampf an.

In kaum einem Bereich klaffen Anspruch und Wirklichkeit für US-Präsident Barack Obama so deutlich auseinander wie in der Antiterrorpolitik. Obama versprach bei seinem Amtsantritt eine moralische Erneuerung der USA nach der Erosion rechtsstaatlicher Prinzipien unter George W. Bush. Doch der Präsident scheiterte nicht nur bei der Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo, noch stärker als sein Vorgänger ließ er Terrorverdächtige gezielt mit umstrittenen Drohnenangriffen töten. In seiner verbleibenden Zeit im Weißen Haus will Obama nun einiges anders machen.

In einer Grundsatzrede zu seiner Antiterrorstrategie am Donnerstag kündigte der Präsident strengere Richtlinien für Drohnenangriffe an, den Schandfleck Guantanamo will er endlich beseitigen. Vor der Universität des US-Militärs in Washington mahnte Obama außerdem, dass die USA einen "ewigen" Krieg gegen den Terror nicht gewinnen könnten: "Dieser Krieg muss wie jeder Krieg enden."

Strengere Regeln für Drohneneinsatz

Den umstrittenen Einsatz von Kampfdrohnen schränkt der Präsident stark ein. Voraussetzung für einen Angriff mit den unbemannten Flugzeugen sei nun unter anderem, dass eine "unmittelbar bevorstehende" Bedrohung für die USA und ihre Bürger bestehe.

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Weiterhin müsse mit hoher Gewissheit ausgeschlossen werden können, dass beim Einsatz der Drohnen Zivilisten verwundet oder getötet werden könnten. Auch die Souveränität anderer Staaten will Washington stärker respektieren - ein Signal an Pakistan, das sich regelmäßig über die US-Militäraktionen auf seinem Staatsgebiet empört.

Seit Jahren machen die USA an der afghanisch-pakistanischen Grenze, aber auch im Jemen und in Somalia Jagd auf Verbündete von Al-Kaida. Offizielle Zahlen über die Toten gibt es nicht, die Angriffe finden unter Führung des Auslandsgeheimdiensts CIA im Schatten statt. Schätzungen der Stiftung New America Foundation zufolge wurden seit 2004 allein in Pakistan bis zu 3300 Menschen durch Drohnenattacken getötet, darunter hunderte Zivilisten.

Am Mittwoch hatte die US-Regierung erstmals eingeräumt, seit dem Jahr 2009 auch vier US-Bürger bei den Angriffen getötet zu haben, darunter den radikalislamischen Geistlichen Anwar al-Aulaqi. Bürgerrechtsorganisationen werfen Obama vor, mit den Tötungen ohne Anklage und Gerichtsprozesse gegen die Verfassung zu verstoßen.

Doch der Präsident bekräftigte, dass die Angriffe grundsätzlich rechtmäßig seien. Terrorverdächtige mit US-Staatsangehörigkeit dürfe die Regierung in bestimmten Fällen ebenfalls gezielt töten, sagte er in seiner Rede. Obama will aber für größere Transparenz sorgen: Die Kontrolle über Drohnenangriffe soll vom verschwiegenen CIA zunehmend auf das Militär übergehen.

Guantanamo soll endlich schließen

Auch bei Guantanamo will der Friedensnobelpreisträger Obama sein Versprechen von mehr Rechtsstaatlichkeit endlich einlösen. "Stellen Sie sich eine Zukunft in zehn oder 20 Jahren vor, in der die USA noch immer Menschen ohne Anklage auf einem Stück Land festhalten, das nicht Teil unseres Landes ist", sagte er. Der Präsident erklärte, die Militärprozesse gegen Terrorverdächtige von dem umstrittenen Gefangenenlager auf Kuba in die USA verlegen zu wollen. Bislang scheiterten Obamas Versuche, das von Vorgänger Bush eingerichtete Lager zu schließen, an Widerstand aus dem Kongress.

Etwa zwei Drittel der Guantanamo-Insassen befinden sich derzeit in einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen. In dem Lager sitzen noch immer 166 Menschen, von denen 86 nicht mehr als bedrohlich eingestuft werden. Als ersten Schritt kündigte der Präsident an, ein Moratorium für die Auslieferung von jemenitischen Häftlingen zu beenden - damit könnten immerhin 56 Insassen auf absehbare Zeit in ihre Heimat zurückkehren.

Einer Kriegsgegnerin ging das längst nicht weit genug. Mehrfach unterbrach die Frau Obamas Rede mit Zwischenrufen. "Sie sind der Oberbefehlshaber, sie können Guantanamo heute schließen", forderte sie den Präsidenten auf. (afp)