Berlin. Wegen der Drohnen-Panne gerät Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) unter immer heftigeren Beschuss der Opposition. SPD-Politiker werfen ihm “Ministerversagen“ vor und verlangen die Absetzung seines Staatssekretärs. Die Hinweise verdichteten sich, dass der Ressortchef früh mit dem Scheitern des Euro-Hawk-Projektes hätte rechnen müssen.

Die Kritik der Opposition an Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wegen des Debakels bei der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" geht unvermindert weiter. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die Aufklärung des Skandals zur Chefsache zu machen. "Es wird höchste Zeit, dass sich auch die Bundeskanzlerin für die Schlamperei im Verteidigungsministerium interessiert. Ein solches Ministerversagen darf der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden nicht egal sein", sagte Schneider der "Passauer Neuen Presse".

Offensichtlich habe der Minister dem Bundestag und dem Bundesrechnungshof wichtige Informationen vorenthalten. Außerdem habe er noch vor zwei Wochen das Kabinett in dem Glauben gelassen, dass bei der Beschaffung der Drohne alles nach Plan laufe, erklärte der SPD-Haushaltsexperte. De Maizière müsse jetzt "schnellstens alle Fragen beantworten".

Noch fordert niemand de Maizières Rücktritt

Schon im Mai 2011 - zwei Monate nach seinem Amtsantritt - soll dem Ministerium die Schieflage klar gewesen sein: Damals habe sein Haus beschlossen, drei Spionageschiffe mit ähnlicher Aufklärungstechnik länger im Dienst zu lassen als geplant, sagte SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels der "Bild"-Zeitung. "Der Verdacht liegt nahe, dass so der Ausfall der Euro Hawks kompensiert werden sollte".

Auch interessant

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold forderte personelle Konsequenzen - nicht jedoch den Ministerrücktritt. "Wenn sich der Minister von seinem Staatssekretär Stéphane Beemelmans trennen würde, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung", sagte er der "Rheinischen Post". Allerdings trage ausschließlich de Maizère die Verantwortung dafür, "dass das Parlament nicht informiert worden ist".

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, warf dem Verteidigungsministerium eine auf Pannen programmierte Beschaffungspolitik vor. "Industriepolitischen Überlegungen wird Vorrang eingeräumt vor der Frage, was die Bundeswehr konkret und praktisch an Ausrüstung benötigt", sagte der Grünen-Politiker "Handelsblatt Online". "Um dies zu ändern, brauchen wir ein strafferes, transparentes Beschaffungsverfahren."

Schon 2008 soll das Ministerium von den hohen Standards gewusst haben

De Maizière hatte das "Euro-Hawk"-Projekt, das schon mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet hat, wegen Problemen bei der Zulassung für den europäischen Luftraum gestoppt. Die Opposition verlangt detailliert Aufklärung, warum dies nicht früher geschah, obwohl das Ministerium schon 2011 von diesen Problemen wusste. De Maizière will dem Verteidigungsausschuss am 5. Juni Bericht erstatten.

Auch interessant

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" war man sich im Verteidigungsministerium bereits Anfang 2008 darüber im Klaren, welche hohen Standards Drohnen vor der Zulassung erfüllen müssen. Der damalige Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan habe ein Papier vorgelegt, wonach Drohnen, die "für die Teilnahme am allgemeinen Luftverkehr vorgesehen" seien, "grundsätzlich die gleichen luftfahrtrechtlichen Sicherheitsstandards wie bemannte Systeme erfüllen" müssten. Den Verantwortlichen hätte somit bereits früh klar sein können, vor welchen Schwierigkeiten sie bei der jetzt gescheiterten Zulassung standen, schreibt die Zeitung. (dpa, afp)