Berlin. Die Opposition fordert Nachbesserungen beim Endlagersuch-Gesetz und droht mit einer Blockade. Noch sind hoch brisante Fragen offen, beispielsweise bei der Bezahlnung. Fragen und Antworten zu dem Gesetz, das die Endlagersuche neu regeln soll.
Das Gesetz zur Suche nach einem Atommüllendlager scheint in Gefahr. Es stehe auf der Kippe, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag bei der ersten Lesung im Bundestag und forderte Nachbesserungen. Eine ernst zu nehmende Drohung oder billiges Muskelspiel der Opposition? Fakt ist: Noch sind hoch brisante Fragen im Endlagersuch-Gesetz offen.
In welches Zwischenlager gehen die Castoren, die noch im Ausland sind?
Das ist der größte Knackpunkt. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) will lange Transportwege vermeiden. Das macht aus Sicherheits- und Kostengründen Sinn. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg haben sich bereit erklärt, einige der 26 Behälter aufzunehmen. So spräche vieles dafür, dass die 21 Castoren aus dem britischen Sellafield ins Zwischenlager Brunsbüttel kommen und die fünf Behälter aus dem französischen La Hague nach Philippsburg. Allerdings ist in Brunsbüttel nicht genug Platz für 21 weitere Behälter, wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht.
Altmaier will noch ein drittes Zwischenlager-Land gewinnen. Doch die unionsgeführten Länder Bayern und Hessen sperren sich. Dahinter mag der Gedanke stecken, dass kein Land Atommüll haben will. Doch das Nein der Bayern scheint auch wegen der längeren Transportwege logisch. In Hessen sähe das anders aus, falls die Castoren aus Sellafield zunächst per Schiff an die französische oder belgische Küste kämen. Dann wäre der Weg nach Philippsburg oder Biblis in Hessen ähnlich lang.
Mit ihrem Nein erschweren Bayern und Hessen auch die Zustimmung zum Endlagersuchgesetz. Deshalb droht die SPD mit Ablehnung, da nicht nur SPD-oder grünenregierte Länder als Atommüllstandorte infrage kommen sollten. So kann man argumentieren, da es sich beim Atommüll um eine nationale Frage handelt.
Wer bezahlt die Endlagersuche?
Nach dem Gesetzentwurf sollen die Kernkraftwerksbetreiber zahlen. Doch sie sperren sich und verweisen darauf, dass sie schon 1,6 Milliarden Euro in die Erkundung von Gorleben gepumpt haben. Sollte es am Ende keine Einigung geben, könnte es sein, dass die AKW-Betreiber gegen die Zahlungsverpflichtungen klagen.
Eine Expertenkommission soll bis 2015 Vorschläge für die Endlager-suche machen. Wie ist sie besetzt?
Das ist noch unklar und eine hoch brisante Frage. Von der Besetzung wird maßgeblich abhängen, welches Gewicht die Vorschläge am Ende haben. Sitzen hier keine namhaften Vertreter oder ist die Verteilung nach Interessengruppen nicht ausgewogen, dann würde dies die Arbeit des Gremiums entwerten. Vor diesem Hintergrund wären über die Parteigrenzen hinweg anerkannte Kandidaten wie beispielsweise Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) eine gute Wahl.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus?
Mitte Juni soll das Gesetz durch den Bundestag und am 5. Juli die Länderkammer passieren. Bis dahin muss die Kostenfrage gelöst sein. Die Kommission soll bis Ende 2015 Kriterien für die Standortsuche erarbeiten. Zwischen 2016 und 2023 steht – ausgehend von einer „weißen Landkarte“ – die Auswahl mehrerer Standorte in Ton- Salz- oder Granitgestein an. Anschließend werden mindestens zwei potenzielle Lager unterirdisch geprüft. 2031 soll es eine Entscheidung geben.
Könnte das Gesetz noch kippen?
Das ist unwahrscheinlich. Zum einen gibt es den grundsätzlichen Willen zum Konsens, den gestern alle Parteien außer der Linken noch einmal betont haben. Zum anderen wissen die Beteiligten, dass die Chance auf eine Einigung nach der Wahl sinkt. SPD und Grüne dürften aus einem weiteren Grund großes Interesse an dem Gesetz haben. Wenn es nicht kommt, bleibt Gorleben weiterhin der einzige potenzielle Standort.
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Deutschland braucht schon von Gesetzes wegen her ein Endlager, die Lieferung ins Ausland ist (bis auf weiteres) keine Alternative. Die rot-grünen Drohungen sind eher als Muskelspiel und Sorge zu verstehen, dass es doch eine Vor-Festlegung auf Gorleben gibt. Niedersachsen dürfte zustimmen, wenn zwei Bedingungen klar erfüllt sind: Keine weitere Castoren ins Zwischenlager Gorleben und keine erleichterte Enteignung der Besitzer von Salzrechten in der Region.