Düsseldorf. . Der Chef der CDU-Fraktion im NRW-Landtag, Karl-Josef Laumann, setzt die Bundespartei beim Thema Fracking unter Druck. „Liebe Angela“, schreibt er, aber seine Forderung nach einem Verbot der Schiefergasförderung ist knallhart. Was treibt ihn?

Das Schreiben an die „liebe Angela“ liest sich so, wie der Autor nun mal ist: schnörkellos, unzweideutig, gerade heraus. In einem Protestbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich CDU-Landtagsfraktionschef Karl-Josef Laumann in bemerkenswerter Weise gegen den geplanten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur umstrittenen Fracking-Techno­logie ausgesprochen.

Merkel solle sicherstellen, dass die Förderung von Schiefergas-Vorkommen in Deutschland „nach dem jetzigen Stand der Technik nirgendwo möglich wird“. Das schwarz-gelbe Gesetz, das in der kommenden Woche das Bundeskabinett passieren soll und Druckbohrungen unter strengen Auf­lagen ermöglichen könnte, greift laut Laumann zu kurz: „Die sichere Wasserversorgung ist für uns von existenzieller Bedeutung und darf nicht gefährdet werden.“

Prompt gab es Applaus von den Grünen

Applaus gab es sogleich von ungewohnter Stelle. „Es ist gut, dass Karl-Josef Laumann endlich sein Gewicht in Berlin in die Waag­schale wirft, um die Parteifreunde in ihrer allzu unreflektierten ­Euphorie über die Möglichkeiten des Fracking zu bremsen“, jubelte die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Wibke Brems. Die schon mehrfach eingeschränkten Pläne der Bundesregierung, Fracking nur in Wasserschutzgebieten explizit zu verbieten und ansonsten strenge Umweltverträglichkeitsprüfungen zu verordnen, reichen Umweltschützern nicht aus.

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Dagegen fordert eine seltene ­Allianz aus Bundesverband der Industrie (BDI) und Gewerkschaft IGBCE mehr Offenheit für die Förderung unkonventioneller Erdgas-Vorkommen. Beim Fracking wird ein Gemisch aus Chemie, Wasser und Sand in tiefe Gesteins­schichten gepresst, um dort Gase zu lösen.

Die CDU-Fraktion ist ländlich dominiert – und skeptisch

Vor allem im westfälischen und niederrheinischen Teil des Landes, wo sich vier Energiekonzerne vorsorglich Bohrrechte gesichert haben, ist die Angst vor einer Verunreinigung des Trinkwassers ausgeprägt. In der ländlich dominierten CDU-Landtagsfraktion überwiegt die Skepsis gegenüber dem „Schatz im Schiefer“, der in den USA ohne Rücksicht auf Verluste gehoben wird. So deutlich wie jetzt Laumann brachte aber noch niemand die NRW-Bedenken in Berlin an.

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Warum auch? Da die nötige Zustimmung des rot-grünen Bundesrates zu einem schwarz-gelben Gesetz ohnehin nicht wahrscheinlich ist, musste sich bei diesem Symbolthema niemand allzu weit aus dem Fenster lehnen. „Ja, aber“, sagten die einen zum Fracking, „Nein, aber“ die anderen.

Parteichef Laschet kommentiert den Brief nicht

Mit dem westfälisch knorrigen Merkel-Brief hat Fraktionschef Laumann, zugleich Chef des ­Sozialflügels der Union, die Themenführerschaft an sich gezogen. Kein Fracking, „und zwar nirgendwo“, lautet nun die Tonlage. CDU-Landeschef Armin Laschet, der eigentlich am Wirtschaftsprofil ­seiner Partei feilt und für Techno­logie-Offenheit wirbt, ließ gestern ungewohnt schmallippig ausrichten, er wolle sich zu dem Schreiben nicht äußern. Auch Hartmut Schauerte, Vorsitzender des CDU-Wirtschaftsflügels, hielt sich auf Anfrage zunächst bedeckt.

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Ende März hatte Laschet noch im Zeitungsinterview für ein „Fracking-Moratorium“ von zwei bis drei Jahren geworben: „In dieser Zeit des Nachdenkens sollten wir nichts vorantreiben – und auch nichts dauerhaft verbieten.“

Die SPD ist dagegen Fracking-freundlich

Die klare Fracking-Absage der NRW-CDU erleichtert der SPD unverhofft die industriefreundliche Profilierung. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) betont trotz ­aller Umweltbedenken, man dürfe die Tür zur möglichen Energieversorgung von morgen nicht ganz zu schlagen. Mit toxischen Fluiden werde in NRW gewiss nicht gebohrt, aber die Entwicklungsfähigkeit der Technik müsse man abwarten. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wird Ende Mai eigens in die USA fliegen, um Vor- und Nachteile des Frackings mal in Augenschein zu nehmen.