Berlin/Düsseldorf. . 75 Werktage haben deutsche Schüler im Jahr frei. Das ist zu viel, glaubt CDU-Politikerin Monika Grütters. Sie will die Ferien um ein bis zwei Wochen kürzen. Andere Politiker aus NRW haben kein Problem mit der Zahl der Ferientage, wohl aber mit ihrer Verteilung. Sie wollen ähnliche Privilegien wie Bayern.
Haben deutsche Schüler zu viel Ferien? Die CDU-Politikerin Monika Grütters sagt: Ja. Ihr Vorschlag: ein bis zwei Wochen weniger Ferien im Jahr. Das verbessere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, findet die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses. Denn immerhin haben Schüler 75 Werktage im Jahr Ferien, normale Arbeitnehmer hingegen nur 30 Tage Urlaub. Das passe nicht zusammen, sagt Grütters.
Ferien kürzen – eine Schnapsidee? Nein, so einfach ist das nicht. In der Union kocht das Thema immer wieder mal hoch. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte es, als er noch CSU-Fraktionschef war, schon angedacht. Auch der frühere Baden-Württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), heute EU-Kommissar, ging mit dem Vorschlag „weniger Ferien“ nach vorn.
Sechs Wochen müssen es nicht sein
In Nordrhein-Westfalen, finden Bildungspolitiker und Gewerkschafter, läuft bei den Ferien jedenfalls vieles nicht optimal. Zwar möchte hierzulande niemand ernsthaft an den 75 Ferientagen rütteln.
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Aber darüber hinaus gehöre so ziemlich alles auf den Prüfstand. Den Landes-Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Michael Schulte, nervt es gewaltig, dass allein Bayern und Baden-Württemberg das Privileg genießen, stets späte Sommerferientermine zu bekommen. „Das darf keine Lex Bayern bleiben“, sagt Schulte.
Parteiübergreifend regt sich Widerstand gegen die Bevorzugung der Süd- Bundesländer. „Auch für NRW wäre Verlässlichkeit bei den Ferienzeiten wichtig. Wir sollten über einen neuen Vorstoß in der Kultusministerkonferenz nachdenken“, sagt Petra Vogt (CDU), bildungspolitische Sprecherin der CDU im Landtag. Eine Position, die auch Marlies Stotz (SPD) teilt.
Wie lang müssen die Sommerferien sein?
Yvonne Gebauer (FDP) traut sich noch weiter nach vorn: „Man kann darüber nachdenken, ob es sechs Wochen Sommerferien sein müssen. Die Alternative: eine Woche weniger im Sommer und dafür eine mehr im Winter“, meint die Kölnerin. Zu jenen, die meinen, sechs Wochen im Sommer seien zu viel, gehört auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören.
Selbst Lehrergewerkschafter Michael Schulte glaubt nicht, dass die sechs Wochen in Stein gemeißelt sind. „Viele Unternehmen planen im Sommer mit zwei dreiwöchigen Ferienblöcken für die Belegschaften. Aber die Urlaubs-Gewohnheiten der Bürger ändern sich. Und wenn immer mehr Familien nur zwei Wochen Sommerurlaub machen, dann könnte man über die Länge dieser Ferien nochmal nachdenken“, so Schulte. Aber neu nachdenken heiße nicht: Runter von den 75 Tagen.
Udo Beckmann, Vorsitzender im Verband Bildung und Erziehung (VBE), bezeichnet Grütters Idee als einen „typischen Vorstoß um Aufmerksamkeit zu erzielen.“ Von einer Kürzung der schulfreien Zeit hält er gar nichts: „Die Ferien müssen eine Auszeit und eine Erholungszeit für die Schüler bleiben.“ Aber auch die Länge der Sommerferien sollte seiner Meinung nach unangetastet bleiben. „So werden die Urlaubsgebiete entlastet“, sagt er mit Blick auf die zahlreichen Familienurlauber, die sonst zeitgleich in beliebte Reiseorte drängen könnten.
Schüler und Lehrer brauchen freie Zeit
Für Petra Vogt, die selbst Lehrerin war, sind die Sommerferien „die einzigen richtigen Ferien im Jahr“. In den anderen Ferien werde „oft Lernstoff nachgearbeitet, oder es müssen Arbeiten korrigiert werden.“ Marlies Stotz will ebenfalls die langen Ferien erhalten: „Schüler und Lehrer sollen immer mehr leisten. Sie brauchen freie Zeit.“
Ein besonderes Ärgernis in NRW ist, vor allem in diesen an Feiertagen reichen Wochen, der Umgang der Schulen mit den beweglichen Ferientagen. Das NRW-Schulministerium empfiehlt allen Gemeinden, eine „einheitliche Regelung“ bei diesen Tagen anzustreben. Aber wie schlecht das funktioniert, wissen alle Eltern, deren Kinder verschiedene Schulen besuchen. Mal hat das eine Kind ein längeres Wochenende, mal das andere. „Wir sollten dahin kommen, dass das in einer Kommune weitgehend gleich geregelt wird“, fordert die Sozialdemokratin Stotz, und Unions-Frau Vogt sieht es ebenso.
Chaos bei den flexiblen Ferientagen
Bleibt noch die Frage, ob die Kinder insgesamt zu viel frei haben. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland in dieser Hinsicht nur im unteren Mittelfeld. In Frankreich kommen Schüler sogar auf rund 100 freie Werktage. Die Landespolitikerinnen Gebauer, Stotz und Vogt sagen: Das Problem sind nicht die 75 Tage, sondern die fehlenden Betreuungsangebote in den Ferien. Das stelle die Familien vor Probleme.