Washington. . Tavon White, genannt die „Bulldogge, sitzt seit vier Jahren wegen Mordes in der Justizvollzugsanstalt von Baltimore ein. Hinter Gittern schwängerte der Chef der „Black Guerilla Family“, einer in den 60er-Jahren in Kalifornien entstandenen Gefängnisbande, vier Justizbedienstete.
„Das ist mein Knast. Was ich sage, ist Gesetz. Ich bin das Gesetz.“ Den nach reichlich Hybris klingenden Monolog würde man in einem schlechten Hollywoodkrimi einem menschenverachtenden Gefängnis-Direktor zutrauen, der seine Schutzbefohlenen quält. Stammen tut er von Tavon White, genannt die „Bulldogge“. Der Afro-Amerikaner sitzt seit vier Jahren wegen Mordes in der Justizvollzugsanstalt von Baltimore ein. Was ihn nicht davon abhielt, aus der Zelle heraus über Prepaid-Telefonkarten regen Geldverkehr unter den Insassen zu organisieren oder den Drogen- und Medikamentenhandel zu lenken, der in guten Monaten 15 000 Dollar abwirft.
Soweit illegal, aber nicht völlig ungewöhnlich in amerikanischen Gefängnissen, die seit Jahrzehnten mit überfüllten Zellen, schwerster Kriminalität und unterbezahltem Personal zu kämpfen haben. Baltimore sticht heraus, weil 13 weibliche Justizbedienstete dem Chef der „Black Guerilla Family“, einer in den 60er-Jahren in Kalifornien entstandenen Gefängnisbande, nicht nur quasi den Generalschlüssel für die Einrichtung überlassen haben. „Die Insassen haben ganz eindeutig den Laden geschmissen“, sagte FBI-Ermittler Stephan Vogt bei einer Pressekonferenz. Vier Wärterinnen ließen sich von Tavon White hinter Gittern schwängern. Zwei Frauen tragen den Namen des Vaters als Tattoo am Hals und am Handgelenk.
Jederzeit Lachs und Wodka
„Schockierend“ nennt US-Staatsanwalt Rod Rosenstein das Ausmaß der Korruption und Schlampigkeit, das die Gefängnis-Aufsichtsbehörde von Maryland und ihren Chef Gary Maynard in ein denkbar ungünstiges Licht rückt. Maynard gibt sich kleinlaut: „Alles meine Schuld. Ich wusste von nichts. Ich trage die Verantwortung.“
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Dabei gilt die „Black Guerilla Family“ bereits seit 2006 als die übelste Gefängnis-Gang in dem Bundesstaat oberhalb von Washington D.C., wie die Lokalzeitung „Baltimore Sun“ schreibt. Bei den Ermittlungen hörten die Fahnder Dutzende Telefongespräche ab, die Tavon „Bulldog“ White als graue Eminenz hinter den Gefängnismauern erscheinen ließen, dem jederzeit Lachs und edler Wodka zur Verfügung standen. „Das ist todernst. Nichts geht hier an mir vorbei. Ich habe in diesem Bau das letzte Wort“, beschied der 36-Jährige einmal einen Dealer draußen in der freien Welt. Die Kommunikationsmittel, Handys, hatten die Wärterinnen in ihren Slips in die Anstalt geschmuggelt. Vor regelmäßigen Durchsuchungsaktionen in den Zellen wurden die „Black Guerilla“-Mitglieder rechtzeitig gewarnt.
Anklage gegen 13 weibliche Officer
Als Gegenleistung bedachte Tavon White seine wichtigsten Gespielinnen Jennifer Owens, Katera Stevenson, Chania Brooks und Tiffany Linder mit Geld und Schmuck. Außerdem durften die Helferinnen in Uniform seinen Mercedes und BMW fahren. Nach FBI-Angaben suchte sich der Ober-Knacki die Wärterinnen nach „Selbstwertgefühl“ und „Charakterfestigkeit“ aus. War beides im Keller, machte sich White die Justizbediensteten gefügig. Das ging so weit, dass einige Damen wechselseitig für sich Schmiere standen, wenn die „Bulldogge“ und seine Gang-Brüder nach Sex verlangten.
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Alle 13 weiblichen Officer wurden vom Dienst suspendiert und wegen organisierter Kriminalität angeklagt. Im Falle einer Verurteilung werden sie auf Kontakt zu White verzichten müssen. Männer und Frauen sind in der Haftanstalt getrennt untergebracht.