Reykjavik. Die Isländer haben eine Mittererechts-Regierung mit klarem Kurs gegen die schon beantragte EU-Mitgliedschaft gewählt. Der konservative Politiker Bjarni Benediktsson gewann die Wahl mit einer klaren Mehrheit von 51,1 Prozent. Er will die Beitrittsverhandlungen mit Brüssel abbrechen.

Die Isländer haben ihre Mittelinks-Regierung abgewählt und mit dem Schwenk zu Mitterechts auch das Aus für den bisher angestrebten EU-Beitritt besiegelt. Wie am Sonntag in Reykjavik mitgeteilt wurde, erreichte das bürgerliche Lager hinter dem Konservativen Bjarni Benediktsson (43) bei der Wahl vom Vortag mit 51,1 Prozent die absolute Mehrheit.

Benediktsson (43) will die von der bisherigen Regierung der Sozialdemokratin Jóhanna Sigurdardóttir (70) eingeleiteten Beitrittsverhandlungen mit der EU abbrechen. Er nennt als wichtigsten Grund bessere wirtschaftliche Chancen ohne eine Mitgliedschaft. Als ausschlaggebend für das Abrutschen der Sozialdemokraten von 29,8 auf 12,9 Prozent und der Linksgrünen von 21,7 auf 10,9 Prozent gilt Unzufriedenheit unter den 320.000 Bürgern mit der Verteilung der Krisenlasten auf der Atlantikinsel nach dem Bankenkollaps 2008.

Die politischen Urheber der Krise sind wieder an der Macht

Die kurz danach abgewählte, aber in Island traditionell dominierende konservative Unabhängigkeitspartei stellt im neuen "Althing" zusammen mit der liberalen Fortschrittspartei die absolute Mehrheit mit 38 der 63 Abgeordneten. Benediktssons Partei überholte im Schlussspurt noch die Liberalen und kam auf 26,7 Prozent gegenüber zuletzt 23,7 Prozent. Beide Parteien wollen zusammenarbeiten.

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Benediktsson sagte in der Wahlnacht: "Wir haben zusammengehalten und einen guten Sieg eingefahren." Die Konservativen setzen bei der Krisenbewältigung vor allem auf Steuersenkungen, während die Fortschrittspartei Hilfen für Privathaushalte mit drastisch gestiegen Kreditschulden durch den Bankenkollaps verlangt. Sie erzielte mit dieser Forderung bei einem Plus von neun Prozentpunkten die höchsten Zuwächse aller Parteien und wurde zweitstärkste Partei mit 24,4 Prozent. Die Liberalen entsenden ebenso wie die Konservativen 19 Abgeordnete.

Neben neun Sozialdemokraten und sieben Linksgrünen sind erstmals auch die neu angetretene Partei "Helle Zukunft" mit sechs Mandaten (8,2 Prozent) sowie die Piratenpartei mit drei (5,1 Prozent) im Parlament vertreten. Die Wahlbeteiligung unter den 238 000 Stimmberechtigten betrug 83,3 Prozent.

Harter Sparkurs

Nach einer Liberalisierung des Bankensektors hatte sich die Insel im Nordatlantik mit ihren 320.000 Einwohnern vor zehn Jahren zu einem europäischen Finanzzentrum entwickelt. Die Geldhäuser lockten mit hohen Renditeversprechen vor allem Anleger aus Großbritannien und den Niederlanden an. Doch in der globalen Finanzkrise brach auch der überdimensionierte Bankensektor in Island zusammen. Die Institute Landsbanki, Kaupthing und Glitnir kollabierten kurz nacheinander und brachten das Land im Oktober 2008 an den Rand der Staatspleite.

Mit einem harten Sparkurs, der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) als beispielhaft gewürdigt wurde, gelang es den Sozialdemokraten, das Land aus der Krise zu führen. Doch Steuererhöhungen und ein nachsichtiger Umgang mit den ausländischen Gläubigern sowie steigende Staatschulden und eine Reihe politischer Schnitzer kosteten sie Popularität. (dpa)