Nikosia. Mit Spannung erwarten die Zyprer eine Erklärung von Präsident Nikos Anastasiadis, wie die Wirtschaft des Landes aus der Dauerkrise kommen soll. Es geht auch um die Frage, ob Anastasiadis reichen russischen Unternehmern die zyprische Staatsbürgerschaft anbietet. Staatssekretär wettert gegen Deutschland.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiades will ein Maßnahmenbündel für den Neustart der Wirtschaft des Euro-Krisenlandes vorstellen. Die Bekanntgabe kündigte das Präsidentenamt für Freitagabend an. Mit Spannung wird erwartet, ob Anastasiades Details eines von ihm bereits angekündigten Plans offenlegt, russischen und anderen Unternehmern, die wegen der Zwangsabgabe auf Zypern mehr als drei Millionen Euro verloren haben, die zyprische Staatsbürgerschaft zu geben.

Der Präsident hatte dies vergangenen Sonntag als eine Art Entschädigung in Aussicht gestellt. Auch neuen Geldanlegern von mehr als drei Millionen Euro solle die Staatsbürgerschaft angeboten werden.

Der Bau von Kasinos soll die Wirtschaft stabilisieren

Analysten schätzen, dass russische Unternehmer und andere Bürger aus Osteuropa vor der Verhängung der Zwangsabgabe auf Geldeinlagen gut 30 Milliarden Euro auf zyprischen Banken hatten. Im Gegenzug zu Milliarden-Kredithilfen der Euro-Partner werden erstmals für die Sanierung auch Zwangsabgaben auf Bankeinlagen erhoben, die Kontoinhaber bei den beiden größten Banken des Landes treffen.

Bei Guthaben der Bank of Cyprus von über 100 000 Euro können bis zu 60 Prozent eingezogen werden. Das zweitgrößte Institut, die Laiki Bank, wird zerschlagen, alle Spareinlagen über 100 000 Euro gehen an eine sogenannte Bad Bank und gelten damit für die Sparer praktisch als verloren.

Die Regierung in Nikosia erörtert zudem weitere Maßnahmen für einen Neustart der Wirtschaft. Nach Informationen aus Kreisen des Finanzministeriums sollen im Süden der Insel beispielsweise - gegen den Willen der orthodoxen Kirche - zwei Kasinos eröffnet werden. Die Formalitäten für Baugenehmigungen für Hotels und andere touristische Anlagen sollen vereinfacht werden.

Zyprischer Staatssekretär wettert gegen "Besatzungsmächte"

Unterdessen lösten die Auflagen für das Rettungspaket in Zypern schwere Vorwürfe an die Adresse Deutschlands aus. Der zyprische Finanzstaatssekretär Christos Patsalides beschrieb die internationalen Geldgeber am Freitag als "Besatzungsmächte", die sich nicht um Menschenrechte kümmerten. Insbesondere die Bundesregierung und den Internationalen Währungsfonds (IWF) machte er dafür verantwortlich, dass dem Land unzumutbare Lasten aufgebürdet würden. "Sie schossen mit Atombomben auf Tauben", sagte Patsalides, der an den Verhandlungen mit IWF und EU beteiligt war. Er äußerte sich im Rahmen einer juristischen Untersuchung, die den wirtschaftlichen Zusammenbruch des kleinen Euro-Staates unter die Lupe nehmen soll.

Im Gegenzug für das zehn Milliarden Euro schwere Hilfspaket von Europäischer Union (EU) und IWF muss das durch seinen überdimensionierten Finanzsektor in Schieflage gebrachte Zypern einen harten Sparkurs fahren. Zudem müssen viele Kontoinhaber einen beträchtlichen Teil ihrer Guthaben in den Wind schreiben. Patsalides bezeichnete seine Verhandlungspartner als "unnachgiebige" Technokraten. "Sie haben ein Wirtschaftssystem zerstört, das funktionierte", kritisierte er. "Ja, wir haben unsere Fehler, aber das Ausmaß der Bestrafung ist weit größer als das Problem." (dpa/rtr)