Düsseldorf. . Zwischen Juli 2012 bis März 2013 sind in NRW fast 400 Häftlinge geflüchtet oder nicht ins Gefängnis zurückgekehrt. Die Zahl geht aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Innenministers hervor. Im Düsseldorfer Landtag lösen die Zahlen Unruhe aus.
In den letzten neun Monaten sind in Nordrhein-Westfalen fast 400 Strafgefangene entweder geflüchtet oder nach Freigängen nicht zurückgekehrt. Das geht aus einer Statistik des Landesinnenministeriums hervor. Sie wurde im Innenausschuss des Landtags vorgelegt.
Nach Angaben des Innenministeriums gab es danach seit Juli 2012 149 klassische Ausbrüche. Auch Fluchten aus Gerichten oder aus Arztpraxen werden hier zugezählt. Dazu kommen 229 Verurteilte, die zum Beispiel nach Besuchen bei der Familie nicht zurückgekehrt sind. Seit Sommer letzten Jahres kehren pro Tag bis zu neun Strafgefangene nicht zurück, geht aus der vorgelegten Statistik hervor. „Spitzenreiter“ war der zweite Weihnachtstag.
Unruhe im Düsseldorfer Landtag
Im Düsseldorfer Landtag lösen die Zahlen Unruhe aus. Hintergrund sind mehrere Vorgänge der letzten Zeit. Erst im Februar war ein 42-jähriger verurteilter Mörder von einem Freigang in der Justizvollzugsanstalt Werl nicht zurückgekehrt. Er war nach Hamburg gefahren, hatte dort eine Frau niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Im September war bekannt geworden, dass drei jugendliche Intensivtäter aus einer Dormagener Wohngruppe entfliehen konnten, einem Modellprojekt. Das Projekt wurde dann gestoppt.
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Seit mehr als einem Jahr wird über die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt in Bochum diskutiert. Eine Kommission hatte bei Inspektionen gravierende Sicherheitsmängel vor allem in Haus 3 festgestellt, „wo im schlimmsten Fall“ Entweichungen gleich mehrerer Häftlinge möglich seien. Das Justizministerium hatte damals sofort versichert, Maßnahmen zur Besserung einzuleiten.
Forderung nach einem gemeinsamen Programm
„Sind die Gefängnisse ein offenes Scheunentor?“, fragte gestern der Piraten-Politiker Dirk Schatz, der selbst Polizist ist. Robert Orth, innenpolitischer Sprecher der FDP im Landtag, kritisierte: „Die Zahl derjenigen, die nicht wiederkommen, ist erschreckend hoch“. Justiz und Polizei dürften vor der Herausforderung nicht kapitulieren. Orth fordert, dass Innen- und Justizminister ein gemeinsames Programm auflegen, um die Entwicklung zu stoppen.
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Peter Brock, der Landesvorsitzende des Bundes der Justizvollzugsbeamten, warnt dagegen vor Panikmache: Tatsächlich gehe die Zahl der Ausbrüche seit zehn Jahren zurück. Er sagte, in die Statistiken flössen auch die Fälle ein, bei denen Häftlinge die festgelegte Rückkehrzeit vom Ausgang überschritten. „Wir haben Zehntausende von Strafgefangenen in NRW. Die Zahl der Entweichungen ist marginal“.