Düsseldorf. . Die Frage, ob Lehrer im Studium Latein lernen müssen, spaltet die Politik in NRW. Eine Resolution von Bochumer Studenten brachte den Stein ins Rollen, der nun in eine Art Glaubenskrieg ausartet. Die einen halten die Latein-Pflicht für nicht mehr zeitgemäß, andere beklagen ein “Schmalspur-Studium“.

Die Studentenvertretung der Universität Bochum hatte den Stein ins Rollen gebracht: In einer Resolution forderte der Allgemeine Studentenausschuss (Asta) die Abschaffung der Latinums-Pflicht für Lehramtsstudenten.

Während SPD und Grüne sofort Unterstützung signalisierten, sah der CDU-Schulexperte Klaus Kaiser rot und sprach der Koalition jede „Ahnung von den Grundlagen eines fachwissenschaftlichen Studiums“ ab. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hält die harsche CDU-Reaktion für völlig überzogen: „Man kann auch auf Deutsch denken lernen.“

Schon trägt der Bildungsstreit über die Latein-Pflicht Züge eines Glaubenskrieges. In der Bildungsgewerkschaft GEW traf die Kritik aus Bochum, wonach heute Schüler an Gesamt-, Sekundar-, Berufs- und Realschulen vom Lehrerstudium abgehalten würden, weil an ihrer Schulform in der Regel kein Latein angeboten wird, auf breite Zustimmung. Der Philologenverband lehnte ein Aufweichen der Zugangsbedingungen hingegen strikt ab und warnte offen vor einem drohenden „Schmalspur-Studium“.

Schulministerin Löhrmann will die Sache prüfen

Bisher müssen Lehramtsstudenten in den Fächern Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Katholische Religion, Philosophie und Geschichte ein erfolgreiches Latinum mit ausreichender Lateinnote nachweisen. Schüler, die kein Latinum vorlegen können, müssen innerhalb von zwei bis drei Semestern parallel zum Fachstudium den Latein-Abschluss nachholen. Aus Sicht des Bochumer Asta braucht „gutes Lehrpersonal“ aber kein Latinum, sondern allenfalls Grundkenntnisse in Latein auf dem Niveau eines Lateinkurses mit insgesamt 180 Stunden.

Landesschulministerin Löhrmann will dem Landtag bis Ende 2013 einen Bericht zur Reform der Lehrerausbildung vorlegen. Anschließend könne „auch über das Thema Latein in der Lehrerausbildung gesprochen werden“, sicherte Löhrmann eine umfassende Prüfung zu.

Latein sei sie Grundlage für die meisten europäischen Sprachen

CDU-Schulexperte Klaus Kaiser ahnt nichts Gutes. Nachdem die Grünen erst kürzlich gefordert hätten, das Sitzenbleiben abzuschaffen und den Notendruck zu verringern, wollten sie nun eine „Schmalspur-Lehrerausbildung“. CDU-Kollege Stefan Berger legte nach: „Wer das Abendland verstehen will, darf nicht nur Asterix lesen. Latein ist die Grundlage für die meisten europäischen Sprachen sowie für Logik, Religion und Philosophie.“

Dagegen hält die Grünen-Abgeordnete Ruth Seidl die Lateinpflicht für Lehramtsstudenten nicht mehr für zeitgemäß. Weil sich die Qualität eines Lehrers nicht am Latinum messen lasse, seien die Grünen offen für eine Abschaffung. Auch der SPD-Abgeordnete Karl Schultheis steht der Forderung nach Abschaffung grundsätzlich positiv gegenüber.

Die FDP-Bildungsexpertin Yvonne Gebauer sieht darin nur einen weiteren Beleg, dass das „rot-grüne Absenken von Leistungsstandards im Land der Dichter und Denker auch vor den Universitäten in Nordrhein-Westfalen nicht halt macht“.