Essen. Christliche Vereine werben für die Behandlung von jungen Homosexuellen. Sie bieten “Beistand bei Problemen mit der sexuellen Orientierung“. Die Grünen möchten im Bundestag gegen solche Psychotherapien vorgehen, mit denen die sexuelle Orientierung Minderjähriger verändert werden soll.
Treiben einige christliche Vereinigungen minderjährige Homosexuelle in schwerwiegende seelische Konflikte oder sogar in den Selbstmord? Den Vorwurf erheben – indirekt – die Grünen im Bundestag.
Sie wollen jetzt per Gesetz unterbinden, dass Eltern ihre vermeintlich schwulen Kinder Organisationen wie dem „Wüstenstrom“, dem „Bund der katholischen Ärzte“ oder der „Offensive junger Christen“ anvertrauen. Die Vereinigungen bieten nach Aussagen der grünen Bundestagsfraktion Psycho-Therapien an, mit denen die sexuelle Orientierung Minderjähriger verändert werden soll.
Die Grünen fürchten „negative und schädliche Effekte solcher Behandlungen“. Zu diesen zählten neben Ängsten „soziale Isolation, Depressionen und erhöhte Suizidalität“ (Sterblichkeit durch Selbstmord). Die Folgen seien wissenschaftlich nachgewiesen und von der Bundesregierung schon vor geraumer Zeit bestätigt worden.
Die Therapien seien unwirksam und gefährdeten im Einzelfall das Leben
„Die Therapien sind nicht nur unwirksam, sie gefährden auch die Gesundheit und im Einzelfall sogar das Leben“. Und: Auch der US-Bundesstaat Kalifornien hat gerade erst solche Behandlungen mit ähnlichen Argumenten verboten.
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In dem jetzt in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf heißt es: „Ordnungswidrig handelt, wer berufs- oder gewerbsmäßig Therapien anbietet oder durchführt, die das Ziel haben, die sexuelle Orientierung bei Minderjährigen zu verändern“. Bei Verstößen soll es ein Bußgeld geben -mindestens 500 Euro. Die Grünen: Der Staat sei zum Schutz der Minderjährigen verpflichtet, „sein Wächteramt auszuführen“.
In der Kritik stehen die Organisationen „Wüstenstrom“, „Bund der katholischen Ärzte“, „Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft“ und die „Offensive Junger Christen“. Tatsächlich werben einige genannte Vereine auf ihren Internetseiten für die Therapien und wollen sie wohl noch ausdehnen.
Ein Verbot der Therapien wäre staatliche „Bevormundung“
In einem Text des „Bundes der katholischen Ärzte“ (BKÄ) heißt es zum Beispiel: „Spezifischer Beistand bei Problemen mit der sexuellen Orientierung ist in gewissen Fachkreisen bekannt und soll im Rahmen eines noch zu gründenden ‚Netzwerk bei Homosexualität’ weiter standardisiert und etabliert werden“.
Es sei „tatsächlich dringend geboten, die körperliche und geistige Unversehrtheit jedes Bürgers zu schützen und das Kindeswohl nicht zu gefährden, indem vor den stark gesundheitsgefährdenden Sexualpraktiken (Oralverkehr, Analverkehr) gerade bei jungen, aktiven Homosexuellen gewarnt wird“. In dem BKÄ-Papier wird auch angedeutet, dass bei solchen Therapien homöopathische Medikamente eingesetzt werden.
Homosexualität ist keine Krankheit
Als eine der letzten namhaften Organisationen strich 1992 auch die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität von ihrer „Liste der Krankheiten“.
Die katholische Kirche lehnt homosexuelle Praktiken zwar aus moralischen Gründen ab, spricht aber ebenfalls von Veranlagung – und nicht von Krankheit.
Es könne daher nicht um „Heilung“ gehen, sagt Präses Simon Rapp vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Vielmehr sei es wichtig, „Jugendlichen zu helfen, ihre Persönlichkeit so anzunehmen, wie sie ihnen geschenkt ist“. (tr)
Das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft verteidigt sich, es berate lediglich Menschen, die Homosexualität als „nicht stimmig“ für sie persönlich fühlten: „In einer ergebnisoffenen Therapie muss ein Mensch ausloten dürfen, ob seine homosexuellen Gefühle möglicherweise lebensgeschichtlich bedingt sind oder mit ungelösten seelischen Konflikten zu tun haben“. Ein Verbot der Therapien wäre staatliche „Bevormundung“ und „nicht vereinbar mit einem freiheitlichen Demokratieverständnis“.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat diese Verteidigungslinie erwartet - und verweist auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Danach sind ein Verbot und sogar der Eingriff in das Erziehungsrecht von Eltern, die ihr Kind in eine solche Behandlung geben wollen, mit dem Grundgesetz vereinbar.