Washington. . Sicherheitsbehörden in Amerika vermuten, dass die Morde Teil einer groß angelegten rassistischen Racheaktion gegen die Staatsgewalt sein könnten. Im Visier dabei: die „Aryan Brotherhood“ („arische Bruderschaft“), eine der gefährlichsten Gefängnis-Gangs in Amerika.

Als sein Stellvertreter Mark Hasse vor zwei Monaten am helllichten Tag vor dem Gerichtsgebäude von Kaufman County mit mehreren Schüssen hingerichtet wurde, verlor Mike McLelland die juristisch gebotene Zurückhaltung. Der Bezirksstaatsanwalt der idyllischen Gegend östlich von Dallas sprach von „Abschaum“, den er zur Strecke bringen werde.

„In welchem Loch ihr euch auch immer versteckt habt, wir werden euch da rauszerren“, sagte er dem örtlichen Fernsehsender. Die Androhung läuft ins Leere. Am Osterwochenende fand die texanische Polizei den 63-Jährigen und seine Frau Cynthia (65) in ihrem Haus in Forney – beide erschossen mit einem Schnellfeuergewehr. Von den Tätern fehlt jede Spur.

Herrschaft der weißen Rasse

„Das war kein Zufall, das war eine gezielte Tötung“, sagte Bürgermeister Darren Rozell bei einer Pressekonferenz. Die Sicherheitsbehörden im „Lone Star State“ sind in Aufruhr. Sie gehen davon aus, dass die Morde zusammengehören und Teil einer groß angelegten Racheaktion wider die Staatsgewalt sein könnten. Im Visier dabei: die „Aryan Brotherhood“ („arische Bruderschaft“) eine der gefährlichsten Gefängnis-Gangs in Amerika.

Strafverfolger aus McLellands Büro hatten einen maßgeblichen Anteil an Ermittlungen gegen die Bruderschaft, die 1969 als Notwehr-Gemeinschaft gegen schwarze Häftlinge im kalifornischen Hochsicherheitsgefängnis von St. Quentin gegründet wurde. Im November verurteilte eine Jury in Houston 30 Anführer der Bande.

Erkennungszeichen tätowierte SS-Runen

Diese kämpft für die Herrschaft der weißen Rasse und ist in vielen Justizvollzugsanstalten für abscheuliche Gewalttaten gegen andere Inhaftierte bekannt – wegen organisierter Kriminalität, der Beteiligung an mehreren Morden, Entführungen und Überfällen. Unmittelbar danach erließen die Behörden in Texas einen Warnruf an alle Justizbediensteten. „Es gab Hinweise auf Vergeltungsaktionen“, zitiert die Zeitung „Dallas Morning News“ einen Beamten der Bundespolizei FBI.

Auch interessant

Die Bruderschaft, die als Erkennungszeichen tätowierte SS-Runen, Hakenkreuze, satanische 666-Nummern und auffällige Walross-Schnauzbärte trägt, pflegt einen eisernen Ehrenkodex. Nach Berichten des „Southern Poverty Law Center“, einer Bürgerrechts-Organisation, die das Treiben von Rassisten und Neonazis im Süden der USA beobachtet, sind Mitglieder, die aus dem Gefängnis entlassen wurden, dazu verpflichtet, weiter Geld und Drogen in den Knast zu schicken und Auftragsmorde auszuführen. Unbedingter Gehorsam und eine Mitgliedschaft bis zum Tod sind Grundprinzipien. Auf Kooperation mit der Polizei oder der Justiz steht intern die Todesstrafe, sagt Mark Potok vom Law Center – „als Beweis ist ein abgeschnittener Finger mitzubringen“.

Schießerei mit der Polizei

Sympathisanten der Rassisten sorgten zuletzt für Schlagzeilen, als der Leiter der Justizvollzugsanstalt von Colorado Springs, Tom Clements, Mitte März vor seinem Haus erschossen wurde. Der Täter, Evan Spencer Ebel, notorisch bekannter Rassist und Ex-Häftling, starb zwei Tage später bei einer Schießerei mit der Polizei. Die Konfrontation ereignet sich in Kaufman County, dem Gerichtsbezirk von McLelland.

Der Bezirksstaatsanwalt ließ sich bis zuletzt nicht einschüchtern von den Spekulationen über einen bevorstehenden Racheakt. Noch nach der Erschießung seines Stellvertreters am 31. Januar trat der als „gemütlich“ und „verlässlich“ beschriebene Ankläger öffentlich selbstbewusst auf, wies auf seine ständig am Mann getragene Waffe hin und deutete seine in mehreren Irak-Krieg-Einsätzen erworbenen Schießkünste an. „Ich war lange beim Militär, ich bin anderen voraus“, sagte McLelland.

Ein tödlicher Irrtum.