Rom. In einer Brandrede im Vorkonklave hatte Kardinal Jorge Mario Bergoglio gegen die Selbstbezogenheit und Egozentrik der Kirche gewettert sowie umfassende Reformen gefordert. Die Rede gab offensichtlich den Ausschlag für seine Wahl zum Papst.
Jorge Mario Bergoglio ist ganz offensichtlich auch wegen seiner harschen Kritik am Zustand der Kirche zum Papst gewählt worden. Wie erst jetzt bekannt wurde, hatte der argentinische Kardinal im Vorkonklave eine Brandrede gehalten, in der er anprangerte, die Selbstbezogenheit der Kirche sei der Grund für das Übel in ihren Institutionen. Etliche Würdenträger seien eitel, Institutionen kreisten weitgehend um sich selbst. Das zu ändern, sei der wesentliche Impuls für Reformen. Über dieser Selbstbezogenheit werde der Daseinzweck der Kirche - die Verkündigung des Evangeliums - vergessen. "Die egozentrische Kirche beansprucht Jesus für sich drinnen und lässt ihn nicht nach draußen treten." Das sei "krank". Die Kirche müsse verkündend statt mondän sein.
"Wer nicht aus sich herausgeht, wird, statt Mittler zu sein, allmählich ein Zwischenhändler, ein Verwalter", wiederholte er den Aufruf an Kirche und Priester, sich zu öffnen. "Es ist eben gerade nicht in den Selbsterfahrungen oder den wiederholten Introspektionen, dass wir dem Herrn begegnen", führte er aus. Vielmehr müssten die Priester dorthin gehen, wo andere auf das Evangelium warteten.
Kirche soll hinausgehen
Die Rede war nach dem Konklave von Kardinälen als sehr beeindruckend hervorgehoben worden. Sie wurde nun nachträglich mit seinem Einverständnis von der Diözesanzeitschrift "Palabra Nueva" im kubanischen Havanna veröffentlicht. Im Normalfall verpflichten sich die Kardinäle, nichts von dem, was im Konklave gesagt wird, öffentlich zu machen.
Auch in seiner ersten Predigt zum Gründonnerstag zielte Papst Franziskus seine Kirche dazu aufgefordert, den Glauben in die Welt zu tragen. Man müsse in die Randgebiete gehen, wo Leiden und Blutvergießen herrschten. Dort gebe es auch Blindheit, die sich danach sehne zu sehen, und "Gefangene zu vieler schlechter Herren", sagte Franziskus am Gründonnerstag im Petersdom in der Messe zur Weihe der Salböle.
Als erster Papst wollte Franziskus am Donnerstagabend den traditionellen Abendmahlgottesdienst nicht - wie sonst üblich - in einer der großen Basiliken, sondern im römischen Jugendgefängnis Casal del Marmo zelebrieren und zwölf jungen Häftlingen unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen die Füße waschen. Die Zeremonie erinnert an die Fußwaschung der Apostel durch Jesus. (dpa)