Düsseldorf. . Ab August gilt in NRW der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Die Kindergärten allein können die Nachfrage nicht befriedigen. In einigen Revier-Städten, darunter Oberhausen, Mülheim und Hagen, wird es eng.

Städte und Landesregierung in NRW geben Entwarnung: Auch im Ruhrgebiet seien die meisten Kommunen gut vorbereitet auf den Ansturm auf die Krippenplätze für unter Dreijährige (U3). Bis zum Stichtag 1. August soll für 32 Prozent der U3-Kinder ein Platz bereit stehen – das sind 144 000 Plätze.

Aber: SPD-Bildungsexperte Wolfgang Jörg räumte im Landtag ein, dass es „ein paar Ecken gibt, da wird es kritisch“. Das Problem: In Großstädten liegt der Bedarf bei bis zu 60 Prozent. Morgen will Familienministerin Ute Schäfer (SPD) eine erste Bilanz präsentieren. Die größten Probleme bei der Erfüllung der 32-Prozent-Quote gibt es im Revier offenbar noch in Oberhausen, Mülheim und Hagen.

Prozesswelle befürchtet

Weil Eltern ab August bei ihrer Stadt den Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz einklagen können, fürchten viele Gemeinden eine Prozesswelle. Der FDP-Abgeordnete Marcel Hafke sprach sich zur Abwendung von Schadensersatzklagen für „Ombuds-Verfahren“ aus, um Probleme zwischen Eltern und Jugendamt abseits der Gerichte zu klären. Nach Angaben der kommunalen Spitzenverbände müssen Eltern damit rechnen, dass sie nicht in jedem Fall sofort einen Platz in der gewünschten Einrichtung oder im gewünschten Zeitumfang erhalten.

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Von Gabriele Beautemps

Der Geschäftsführer des NRW-Städtetages, Stephan Articus, erwartet trotz der hohen Versorgungsdichte Engpässe bei Krippenplätzen in Großstädten. Er rechnet aber damit, dass der Mehrbedarf in vielen Fällen durch Tagesmütter gedeckt werden kann. Schon jetzt wird jeder dritte U3-Betreuungsplatz in NRW durch Tagesmütter oder private Großtagepflege-Einrichtungen mit mehreren Tagesmüttern realisiert. Das Land will jeden von der Kommune beantragten Platz finanziell fördern. Da sich viele Städte voll auf den Ausbau von U3-Plätzen stürzen, werden inzwischen in einzelnen Kommunen Plätze für die über Dreijährigen knapp.

Anmeldefrist von drei bis sechs Monaten "angemessen"

Familienministerin Schäfer kündigte eine landesweite „elternfreundliche Lösung“ bei den Anmeldefristen an. Damit Träger angesichts der Mehrfachanmeldungen der Eltern bei Kitas mehr Planungssicherheit haben, gilt eine Anmeldefrist von drei bis sechs Monaten vor Bereitstellung des Platzes als angemessen. Wegen der Lücke bei den U3-Plätzen in Kitas setzt auch die Landesregierung verstärkt auf Tagesmütter. Das Land zahlt für jeden U3-Platz knapp 5000 Euro im Jahr.

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In einer Anhörung im Landtag beklagten die Sozialverbände, dass bis zu 50 Prozent der Tagesmütter zusätzlich zu den Zahlungen des Jugendamtes bei den Eltern kassierten. „Das Angebot können sich häufig nur Familien mit überdurchschnittlichem Einkommen leisten“, kritisierte Marita Haude von der Freien Wohlfahrtspflege. Viele Eltern „wandern“ von der Tagesmutter auch deshalb später ab zu einer Kita, weil dort die Beiträge niedriger liegen. Der Kinderschutzbund drängt auf landesweit einheitliche Elternbeiträge für Kitas und Tagespflege.

Um vergleichbare Qualitätsstandards mit Erziehern zu erreichen, forderte der Kinderschutzbund eine Professionalisierung der derzeit 160-stündigen Ausbildung von Tagesmüttern. Die Kommunen schlugen zudem „Springerpools“ in der Tagespflege vor, falls Tagesmütter erkranken und eine Vertretung benötigen.

1000 Euro netto im Monat

Nach Umfragen in Nordrhein-Westfalen betreut eine Tagesmutter im Schnitt 3,7 Kinder – bei einem Gehalt von rund 1000 Euro netto im Monat. Städtetags-Geschäftsführer Articus erwartet , dass der Ausbau der Krippenplätze auch nach dem August weitergehen muss. Es komme darauf an, dass der wachsende Bedarf „möglichst schnell geschlossen wird“, so Articus.