Berlin. . Im Skandal um falsch deklarierte Eier ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft jetzt mehr als 150 Betriebe. Die Frage nach schärferen Gesetzen wird wieder laut werden. Der Verbraucher kann den Schwindel nicht erkennen. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) fordert strengere Kontrollen in den Ländern.

Die Kette der Lebensmittelskandale reißt nicht ab. Diesmal sind die Hühnerhalter in die Schlagzeilen geraten. Die Oldenburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehr als 150 Betriebe.

Ist der Eierverzehr ein Risiko?

Die Verbraucher können unbesorgt sein. Die Eier im Handel sind unbedenklich, selbst wenn sie von einem der Höfe stammen, die systematisch gegen die Haltungsregeln verstoßen haben. Denn den vornehmlich aus Niedersachsen stammenden Landwirten wird nur die Täuschung der Verbraucher und Behörden vorgeworfen. Die produzierten Eier entsprechen nicht den Angaben. Sie sind zum Beispiel keine Bioeier, obwohl es drauf steht. Gesundheitsschädlich sind sie deshalb aber nicht.

Was wird den Bauern vorgeworfen?

Schon seit 2011 ermittelt die Oldenburger Staatsanwaltschaft ge­gen eine wachsende Zahl von Betrieben, weil sie systematisch falsche Angaben zum Bestand in ih­ren Ställen gemacht haben. Vereinfacht gesagt, haben sie mehr Hennen in den Betrieben gehalten als erlaubt und unzulässiges Futter verwendet. Landwirte haben dadurch die Eier unter täuschendem Etikett verkaufen können, etwa als Bioware, obwohl die Haltungsverordnung nicht eingehalten wurde. Ermittelt wird gegen Betriebe in Niedersachsen, NRW, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Belgien und Holland.

Warum lohnt sich die Trickserei?

Ein Bio-Ei kostet durchschnittlich zehn Cent mehr als ein konventionell erzeugtes. Wenn Bio drauf steht, aber gar nicht drin ist, spart der Landwirt Produktionskosten und führt seine Kunden in die Irre. Bei den vielen Millionen Eiern im Jahr summiert sich der Schaden für den Verbraucher vermutlich auf eine Millionensumme.

Mit welchen Strafen müssen die Täter rechnen?

Das ist offen, weil noch nicht klar ist, welche Verstöße die Staatsanwaltschaft konkret verfolgen wird. Es gibt eine ganze Reihe von möglichen Klagepunkten. Dazu gehört der gewerbsmäßige oder der bandenmäßige Betrug, der mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann. Auch die Täuschung der Verbraucher, Verstöße gegen die „Tierschutznutztierverordnung“ oder das Ökolandbaugesetz kommen in Betracht. Die Strafen dafür sind geringer als beim Straftatbestand des Betrugs.

Bringen schärfere Gesetze mehr Sicherheit?

Die Gesetze selbst reichen nach Einschätzung des Bundeslandwirtschaftsministeriums aus. „Es nutzt nichts, wenn der Bund und die EU hier strenge Gesetze machen und diese immer weiter verschärfen“, kritisiert Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Die Einhaltung der Regeln müsse auch kontrolliert werden, und dies nicht nur vom Schreibtisch aus. Die Kontrollen sind Sache der Bundesländer, die offenkundig nicht genau genug hingeschaut haben. Künftig müsste vor allem auch die Zahl der Hennen in den Ställen ermittelt werden, was in der Praxis nicht eben einfach ist.

Lassen sich falsch deklarierte Eier erkennen?

Nein, die Verbraucher müssen sich auf die Angaben auf der Verpackung oder den Stempelaufdruck der Eier verlassen können. Ob die Legehennen tatsächlich so gehalten werden, wie es diese Informationen nahelegen, kann der Kunde im Supermarkt nicht feststellen.

Ist Bio nun seine Unschuld los?

Es ist einer der ersten größeren Fälle, in denen die Biobranche in ei­nen Skandal verwickelt ist. Etwa ein Drittel der Höfe, gegen die ermittelt wird, nennt sich Biobetrieb. Alle anderen Verdächtigen produzieren die Eier auf herkömmliche Weise. In Deutschland gibt es etwa 37 Millionen Legehennen. Laut Statistischem Bundesamt sind sie auf gut 1200 Betriebe verteilt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Matthias Korfmann: "Mit 'Bio' hat das nichts mehr zu tun"