Berlin. . Die Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe haben sich seit 1992 auf 30,5 Milliarden Euro verdoppelt. Jetzt müsse eine Qualitätsoffensive folgen, fordert eine Expertenkommission der Bundesregierung. Bildungsexperten fordern mehr Betreuung nach der Schule.

Kinder und Jugendliche können sich vom Elternhaus abgrenzen, ohne das Haus zu verlassen – das Internet bietet ihnen Mobilität in den eigenen vier Wänden. Dies geht aus dem aktuellen Kinder- und Jugendbericht hervor. Dass bei der jüngeren Generation der Laptop dem Fernseher den Rang abgelaufen hat, birgt für die Experten Gefahren. Kinder aus bildungsfernen Familien hätten häufig Probleme, nützliche Informationen aus dem Internet zu ziehen.

Nadia Kutscher, Mitglied der von der Bundesregierung beauftragten Kommission, sprach in diesem Zusammenhang von einer „digitalen Ungleichheit“. Auch den großen Zuspruch für soziale Netzwerke sieht Kutscher kritisch. Mehr als 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind bei Facebook und Co. angemeldet. „Dabei geben die jungen Nutzer oft unbewusst ihre Daten preis“, sagt Kutscher.

„Erziehung längst nicht mehr Privatsache“

Ob Krippe, Kita oder Ganztagsschule – die deutsche Bildungslandschaft wächst. Doch die Qualität hinkt oft hinterher. Dem stetigen Ausbau müsse jetzt eine Qualitätsoffensive folgen. Das fordert die Expertenkommission des aktuellen Kinder- und Jugendberichtes der Bundesregierung.

Insgesamt sehen die Fachleute die Betreuung von Kindern und Jugendlichen auf einem guten Weg. Jedoch befänden sich weiterhin 20 bis 30 Prozent auf der Schattenseite des Lebens. Die Experten wiesen darauf hin, dass „Erziehung längst nicht mehr Privatsache“ sei. „Allerdings reicht es auch nicht, wenn Kinder in den Ganztagsschulen außerhalb des Unterrichts nur gut aufgehoben sind“, betonte Kommissionsmitglied Thomas Rauschenbach. Es gehe auch darum, die jüngere Generation am Nachmittag qualitativ hochwertig zu beschäftigen, damit die Bildung nicht mit dem Schulgong ende.

In der Kinder- und Jugendhilfe "so viele Beschäftige wie in der Autoindustrie"

Die Kommission begrüßte, dass die Investitionen in die Kinder- und Jugendhilfe sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt haben. Mittlerweile arbeiten 733.000 Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. „Wir haben in diesem Bereich heute in etwa so viele Beschäftige wie in der Autoindustrie“, so Kommissionsmitglied Klaus Schäfer. Lagen die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe 1992 noch bei umgerechnet 15 Milliarden Euro, waren es 2011 schon 30,5 Milliarden Euro. 60 Prozent flossen in den Ausbau der Kindertagesstätten, ein Viertel in Erziehungshilfen.

Die Experten plädierten in Berlin für ein stärkeres Engagement des Bundes. „Die Kommunen sind finanziell stark belastet“, betonte Schäfer.

Die Bundesregierung sieht ihre Politik durch die Kommission bestätigt. Junge Menschen müssten in jeder Lebensphase angemessen gefördert werden, jeder Junge und jedes Mädchen solle faire Chancen erhalten, erklärte eine Vertreterin des Familienministeriums.