Berlin/Düsseldorf. . Die Geberländer klagen auf Änderung der Verfassung, um von den milliardenschweren Zahlungen befreit zu werden. Für Hannelore Kraft ist das reines Wahlkampfgetöse. Es geht um das Solidarsystem von Bund und Ländern, das Steuergelder in Länder mit schwacher Wirtschaftsstruktur und geringerem Steueraufkommen umverteilt.

Von „Wahlkampfgetöse“ sprach Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) warnte vor einem Vertrauensschaden auch für künftige Länder-Absprachen: Die NRW-Landesregierung hat mit Verärgerung auf die Verfassungsklage von Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich reagiert. Deren Regierungen hatten gestern die Klage als „Akt der politischen Notwehr“ gegen das milliardenteure Ausgleichssystem beschlossen.

Drei Länder geben, 13 nehmen

Es geht um das Solidarsystem von Bund und Ländern, das Steuergelder in Länder mit schwacher Wirtschaftsstruktur und geringerem Steueraufkommen umverteilt, um für ähnliche Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Allein seit 1990 sind dabei 130 Milliarden Euro umverteilt worden, mehr als 80 Prozent davon zahlten Bayern, Hessen und Baden-Württemberg – diese drei sind als Geberländer übrig geblieben, alle anderen 13 Bundesländer gelten als Nehmerländer. Die Geber kritisieren seit langem, ihre Zahlungslast sei ungerecht.

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Allerdings: Erst 1999 hatten Hessen und Bayern erfolgreich gegen den Finanzausgleich geklagt. Den danach ausgehandelten Vertrag, der bis 2019 läuft, fechten die beiden Länder nun erneut an. „Da fragt man sich doch, wie kann das sein?“, kritisierte Finanzminister Walter-Borjans gestern. Er wehrte sich dagegen, dass Nordrhein-Westfalen nun „als Nehmerland an den Pranger gestellt“ werde. Zwar erhielt NRW, das lange Zeit selbst Zahlerland war, 2012 aus dem Solidartopf der Länder 400 Millionen Euro. Rechne man aber den Umsatzsteuerausgleich hinzu, in den NRW mit fast 2,5 Milliarden Euro so viel eingezahlt habe wie die Klägerländer Bayern und Hessen zusammen, so stehe das Land mit einem Plus von über zwei Milliarden Euro auf der Seite der Geberländer.

NRW war lange Geberland

Der Finanzminister widersprach auch der Behauptung, Bayern sei ständiger Geber im Finanzausgleich. Von 1950 bis 1986 sei der Freistaat Empfängerland gewesen. NRW und Bayern hätten bis 2011 mit 33 Milliarden Euro annähernd gleich hohe Nettozahlungen geleistet. Regierungschefin Kraft meinte, der Grund für die Klage liege darin, dass die Landtage von Bayern und Hessen im Herbst neu gewählt würden.

Unter dem Strich hält auch die rot-grüne NRW-Koalition den Finanzausgleich für reformbedürftig. Die Mittel müssten mehr nach der Vorgabe „Bedürftigkeit statt Himmelsrichtung“ verteilt werden, meinte Kraft. Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen, forderte, Kommunen mit einzubeziehen. Sie seien bei den Sozialleistungen „chronisch unterfinanziert“.