Berlin. . Unverheiratete Väter können künftig das volle Sorgerecht für ihre Kinder ausüben - notfalls auch gegen den Willen der Mutter. Eine entsprechende Gesetzesreform verabschiedete der Bundestag am Donnerstagabend. Derzeit wird jedes dritte Kind von einer unverheirateten Mutter zur Welt gebracht.

Ledige Väter haben künftig eine stärkere Stellung beim Streit um das Sorgerecht. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag mit den Stimmen von Union, FDP und Grünen ein Gesetz, demzufolge unverheiratete Väter das Sorgerecht für ihre Kinder künftig auch gegen den Willen der Mütter erhalten können. Wenn es dem Kindeswohl nicht widerspricht, sollen beide Eltern Verantwortung für das Kind tragen. Die SPD-Fraktion votierte gegen die Vorlage, die Linksfraktion enthielt sich.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte den Bundestagsbeschluss. "Die Väter erreichen eine deutliche Besserstellung", erklärte die Ministerin in Berlin. "Hier werden wir der Lebenssituation wirklich gerecht." Das neue Sorgerecht nehme "den gesellschaftlichen Wandel" auf und funktioniere "schnell und unbürokratisch".

Die Neuregelung sieht vor allem ein vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren nach der Geburt vor. Falls die Mutter nicht mit dem gemeinsamen Sorgerecht einverstanden ist, kann der Vater zum Jugendamt gehen oder direkt das Familiengericht anrufen. Die Mutter hat dann zunächst die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Vaters.

SPD kritisiert "Hoppla-Hopp-Verfahren" bei Gericht

Sieht das Gericht keine Gründe, die dem Kindeswohl entgegenstehen, soll der Vater grundsätzlich das Sorgerecht bekommen. Es reicht dabei zum Beispiel nicht aus, wenn die Mutter lediglich pauschal ausführt, keinen Kontakt mehr mit dem Vater haben zu wollen. Die gemeinsame Sorge soll nur dann versagt werden, wenn sie dem Kindeswohl widerspricht.

Die SPD kritisierte das beschlossene Gesetz. Es sei kein gutes Signal, dass künftig in einem "Hoppla-Hopp-Verfahren" über das Sorgerecht entschieden werde, erklärte der Rechtsexperte Burkhard Lischka. Praktiker aus den Gerichten hätten die Neuregelung daher zu Recht kritisiert.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2010 die bisherige Regelung gekippt, wonach Väter nur mit Zustimmung der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten können. Zuvor hatte dies bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet. (afp)