Essen. Experten sehen einen Schaden für Handelsbeziehungen, sollten sich die Briten dafür entscheiden, die Europäische Union zu verlassen. Zudem verlöre Deutschland einen wichtigen Verbündeten im Kampf gegen Brüsseler Bürokratie.

„Mit einem Austritt aus der Europäischen Union würde sich Großbritannien selbst schaden“, sagte Berthold Busch, EU-Binnenmarktexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Hälfte der britischen Exporte gingen 2011 in EU-Staaten. Es sei zu erwarten, dass einige Mitgliedsländer bei einem Austritt die Handelsschranken erhöhten und somit den Zugang britischer Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt erschwerten.

„Zudem würden deutsche und ausländische Unternehmen vorsichtiger sein mit Investitionen ins Vereinigte Königreich“, sagte Matthias Mainz, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer NRW. Firmen aus den USA nutzen Großbritannien als Ausgangspunkt für ihr Europa-Geschäft.

Deshalb hatten britische Konzernchefs wie der Chef des Telekomkonzerns BT, Michael Rake, und Virgin-Gründer Richard Branson in einem Brief an Premier Cameron ein flammendes Plädoyer für Europa gehalten. Sie sind nicht allein: Jüngst hatten sich 51 Prozent der Briten für einen Verbleib in der EU ausgesprochen.

Großbritannien einer der wichtigsten Handelspartner NRWs

Auch für Unternehmen in NRW dürfte der Austritt Folgen haben. Zwar gehen nach Angaben der IHK NRW nur sechs Prozent des Gesamtexports nordrhein-westfälischer Firmen auf die Insel. Dennoch zählt Großbritannien zu den wichtigsten Handelspartnern. Es lag 2011 nach den Niederlanden, Frankreich, China und Belgien auf Rang fünf. Wie das Wirtschaftsministerium in Düsseldorf auf Anfrage mitteilte, ist Großbritannien viertgrößtes Investorenland in NRW – nach den Niederlanden, Frankreich und den USA. Knapp 70.000 Ar­beitsplätze hängen an über 1000 britischen Unternehmern. Darunter: BP Europa in Bochum und Vodafone in Düsseldorf.

Die politischen Folgen eines Austritts Großbritanniens für Deutschland seien aus Sicht des IW in Köln immens. Die Bundesregierung verlöre langfristig einen Verbündeten im Kampf gegen Brüsseler Regulierungen.