Jerusalem. Auch nach der Wahl in Israel hat der Friedensprozess im Nahen Osten keine wirkliche Chance. Die größten Chancen hat Benjamin Netanjahu, der weiterhin seine Siedlungspolitik betreiben wird. Womöglich muss er sogar mit der ultrareligiösen Partei „Das jüdische Haus“ von Naftali Bennett eine Koalition eingehen.
Es ging um vieles: Jüdische Werte, das iranische Atomprogramm, die hohen Mieten. Die Suche nach einem Frieden mit den Palästinensern spielte im israelischen Wahlkampf dagegen nur eine Nebenrolle. So wird es auch bleiben, wenn das am Dienstag neu gewählte Parlament zusammentritt.
Von einem „Friedensprozess“ sprechen nur noch unermüdliche Europäer und Amerikaner. Die Chancen dafür, dass die neue israelische Regierung, die mit Benjamin Netanjahu wieder die alte sein wird, ernsthaft mit den Palästinensern verhandeln wird, sind noch geringer als in den Jahren zuvor. Netanjahu steht für ein „Weiter so“, was die Fortsetzung des Siedlungsbaus bedeutet und keine Friedensinitiativen erwarten lässt. „Friedensverträge können uns nicht beschützen“, erklärte Netanjahu der „Jerusalem Post“. Und der Zeitung „Maariv“ sagte er kurz vor der Wahl: „Die Tage, als Planierraupen Siedlungen dem Erdboden gleichmachten, sind vorbei.“ Auch der bisherige rechtsnationale Bündnispartner Israel Beitenu (Unser Haus Israel) vom zurückgetretenen Außenminister Lieberman steht für das Recht auf Siedlungsbau im Westjordanland und in Ost-Jerusalem und sieht in Palästinenserpräsident Abbas keinen Partner für einen Frieden.
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Daneben erstarkt eine weitere ultrarechte Kraft, der viele Siedler angehören: Die nationalreligiöse Partei „Das jüdische Haus“ von Naftali Bennett (49). Der ehemalige Elitesoldat und frühere Bürochef Netanjahus lehnt einen Palästinenserstaat ab und plädiert für eine Annexion von 60 Prozent des Westjordanlandes, wo viele israelische Siedlungen liegen und zugleich Zehntausende Palästinenser leben. Ob Bennett zu Netanjahus neuer Koalition gehören wird, ist unklar, aber angesichts des gespaltenen Mitte-Links-Lagers möglich. Die Zukunft einer Zwei-Staaten-Lösung wird damit immer unwahrscheinlicher, zumal selbst Politiker vom rechten Rand der Likud-Partei die Annexion von Teilen des Westjordanlandes fordern.
Die Europäer wollen angeblich bald eine Friedensinitiative beginnen. Aber selbst US-Präsident Obama verbirgt mittlerweile seine Frustration nicht mehr. Er und Netanjahu sind sich während der ersten Amtszeit fremd geblieben. Dass sich das in der zweiten ändert, ist nicht zu erwarten.
Israel wird eher mit sich selbst beschäftigt sein und den Gefahren, die aus Syrien und Ägypten drohen, als in absehbarer Zeit schmerzhafte Kompromisse mit den Palästinensern einzugehen.