Düsseldorf. . CDU-Landeschef Armin Laschet spricht im Interview mit der WAZ-Mediengruppe über die PKW-Maut, den Kurs der Union, bürgerliche Wähler und das Lebensgefühl im Ruhrgebiet. Acht Monate nach der verheerenden NRW-Wahlpleite will der neue CDU-Landeschef das Selbstbild seiner Partei neu erarbeiten.
NRW-CDU-Chef Armin Laschet hat den Plänen der CSU für eine PKW-Maut in Deutschland deutlich den Kampf angesagt. „Wenn die CSU wie angekündigt eine PKW-Maut in ihr Wahlprogramm schreiben und später in Deutschland einführen will, wird dies den entschiedenen Widerstand der nordrhein-westfälischen CDU finden“, sagte Laschet gegenüber der WAZ Mediengruppe.
Es gebe beim Straßenbau kein Einnahmeproblem, so Laschet. Autofahrer zahlten schon heute über Steuern und Abgaben ein Vielfaches von dem, was später tatsächlich in die Infrastruktur fließe. Laschet bezweifelte, dass sich mit den Mautplänen ausländische Autofahrer nennenswert an den Infrastrukturkosten beteiligen lassen: Gerade einmal fünf Prozent der PKW auf deutschen Autobahnen seien nicht in Deutschland gemeldet.
"Wir dürfen die CDU nicht grün anstreichen"
Acht Monate nach der verheerenden NRW-Wahlpleite will der neue CDU-Landeschef Armin Laschet das Selbstbild seiner Partei neu erarbeiten. Tobias Blasius sprach mit ihm über das Staatsverständnis der SPD, grüne Bürgerlichkeit und das eigene Streben nach Wirtschaftskompetenz.
Herr Laschet, Sie wollen der NRW-CDU eine Grundsatzdebatte verordnen, um zu klären, wofür man heute noch steht. Ist die Richtung „Privat vor Staat“ oder „Sozialausschuss“?
Laschet: Es ist die Besonderheit der nordrhein-westfälischen CDU, dass sie das gesamte Spektrum unserer Volkspartei beheimatet, Norbert Blüm genauso wie Friedrich Merz. Mir geht es um einen Prozess der Selbstvergewisserung unserer Partei.
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Wir wollen landesweit und in allen großen Themenbereichen mit der Basis diskutieren, was unser gemeinsames Fundament und Leitbild bleiben muss. Es ist mit Sicherheit nicht das patriarchalische Staatsverständnis der SPD, aber auch nicht das pauschale „Privat vor Staat“ der FDP.
Hat nicht CDU-Fraktionschef Laumann „Privat vor Staat“ als Oppositions-Credo wiederentdeckt?
Laschet: Wir sind einig, dass sich der Staat nicht mit immer neuen Schulden, immer größerer Bürokratie und immer stärkerer Bevormundung übernehmen darf. Wir nennen das Subsidiarität. „Privat vor Staat“ würde ich das nicht nennen, weil es oft missverstanden wird.
Ministerpräsidentin Kraft scheint mit ihrem Slogan „Kein Kind zurücklassen“ die Stimmung in NRW ganz gut zu treffen.
Laschet: Der Spruch „No Child left behind“, „Kein Kind zurücklassen“, stammt von George W. Bush aus dem Jahre 2002. Er ist so banal, dass ihm jeder zustimmen kann. Frau Kraft aber macht das Gegenteil.
Wie kommen Sie darauf?
Laschet: Bei Kita-Plätzen lässt Frau Kraft die Eltern allein. Alle anderen Bundesländer haben mehr U-3-Plätze für Kinder als NRW. Die Regierung will die hohen Personalstandards des Kibiz absenken und befreit Besserverdienende vom Beitrag, statt die Qualität zu verbessern.
Die Abiturienten des doppelten Jahrgangs werden allein gelassen und die Inklusion ist um ein Jahr verschoben. Und obwohl die Steuermehreinnahmen nur so sprudeln, ist Nordrhein-Westfalen hoch verschuldet. Einen überschuldeten Staat können sich allenfalls Reiche leisten, nicht aber sozial Bedürftige oder Kinder.
Rot-Grün hat eine lange Sparliste vorgelegt. Sollten Sie nicht anerkennen, dass erstmals konkrete Einschnitte vorgenommen werden?
Laschet: Rot-Grün will 152 Millionen Euro einsparen bei einem Landeshaushalt von 60 Milliarden Euro und einem Gesamtschuldenberg von 130 Milliarden Euro – mit solchen finanzpolitischen Trippelschritten erreichen wir die Null-Schulden-Grenze der Verfassung 2020 nie. Außerdem ist die Gewichtung absurd: Die Landesregierung will keine einzige Stelle im riesigen Beamtenapparat einsparen, streicht dafür aber in Kitas und bei Mehrlingsgeburten.
Sie wollen die Wirtschaftskompetenz der NRW-CDU verbessern. Wann treten Sie als industriepolitischer Taktgeber in Berlin auf?
Laschet: Ich habe im Rahmen meiner im letzten Jahr begonnenen Wirtschaftstour durch Nordrhein-Westfalen mit vielen Unternehmern, Gewerkschaftlern und Betriebsräten gesprochen und immer wieder die große Sorge wegen möglicher Wettbewerbsnachteile gehört. Die NRW-CDU wird deshalb im Frühjahr einen eigenen Vorschlag in der Diskussion über den EU-weiten Handel mit Verschmutzungsrechten erarbeiten. Es darf nicht sein, dass Brüssel mit einer zu rigiden Reduzierung von CO2 Emissionsrechten Industriearbeitsplätze an Rhein und Ruhr gefährdet. Wenn Produktionen nach Indien verlagert werden, ist dem Weltklima nicht gedient.
Haben die Grünen Ihnen den Rang als bürgerliche Kommunalpartei abgelaufen?
Laschet: Nein. Bürgerlich heißt, den Menschen etwas zutrauen und sie nicht immer mehr bevormunden. Jetzt diskutieren die Grünen schon über Mettbrötchen. Der Rigorismus gegen Eckkneipen geht am Lebensgefühl im Ruhrgebiet vorbei. Wir dürfen unsere moderne Programmatik nicht grün anstreichen, um in Großstädten erfolgreich zu sein. Wenn die CDU den Ton einer Stadt trifft und Typen hat, die als Spitzenkandidaten glaubwürdig die lokalen Interessen vertreten, werden wir auch wieder Oberbürgermeister-Wahlen gewinnen. Es hängt an Personen, nicht am Programm.
Die Grünen wollen Frauen in kinderlosen Ehen nicht mehr kostenlos in der Krankenversicherung ihres Mannes mitversichern. Warum klammert sich die Union an die Alleinverdiener-Ehe?
Laschet: Wir wollen auch hier, dass Ehepaare selbst entscheiden. Der besondere Wert der Ehe steht im Grundgesetz und gehört verteidigt. Die Krankensicherungspläne der Grünen würden Lebensentscheidungen vorschreiben und Millionen von Frauen zur Erwerbstätigkeit zwingen. Wenn die Mitversicherung von Familienangehörigen abgeschafft wird, ist das eine massive Belastung für viele tausend Ehepaare.