Berlin. Die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz wird nach dem Willen von Union und FDP ausdrücklich verboten. Bespitzelungsskandale - wie in der Vergangenheit etwa bei der Bahn, der Telekom und beim Lebensmitteldiscounter Lidl - solle es künftig nicht mehr geben.

Die heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz soll verboten werden. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag haben sich Union und FDP überraschend auf ein Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz geeinigt. Im Gegenzug wollten sich allerdings die offenen Videoüberwachung ausweiten. Neue Maßstäbe sollen auch für die Nutzung von Daten aus sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing durch den Arbeitgeber gelten, zum Beispiel bei Bewerbungsgesprächen. Bei Arbeitgebern und Gewerkschaften stößt der Kompromisse auf heftige Kritik.

Der Zeitung zufolge soll das Gesetz Ende Januar vom Bundestag verabschiedet werden. Wegen erheblicher Kritik vonseiten der Arbeitnehmer und -geber war eigentlich erwartet worden, dass die Novelle von Union und FDP in dieser Wahlperiode nicht mehr angepackt werden würde.

Skandale im Einzelhandel, bei Telekom und Bahn

Der Anlass für den Gesetzentwurf ist eine Serie von Skandalen bei Einzelhandelsketten, die etwa ihr Kassenpersonal heimlich ausspioniert hatten, aber auch bei der Deutschen Telekom oder der Bahn. "Eine verdeckte Bespitzelung von Beschäftigen darf es in diesem Land nicht mehr geben", sagte der CSU-Innenexperte Michael Frieser der Zeitung.

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Von Sven Frohwein

Die erlaubte offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz werde an strikte Vorgaben gebunden, betonte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz. Vor allem dürfe sie nicht zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle eingesetzt werden. Außerdem müsse die Videoüberwachung erforderlich sein, zum Beispiel zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit. "Verboten ist jedwede Videoüberwachung in Umkleiden, Schlafräumen oder im Sanitärbereich", sagte Piltz.

Scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf kam von Gewerkschaftsseite. Der Justiziar der IG Metall, Thomas Klebe, bezeichnete ihn "schlicht als Katastrophe". Bei der offenen Videoüberwachung bedeuteten die Regelungen eine Verschlechterung gegenüber der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Während sie bisher nur vorübergehend und nur aus konkretem Anlass erlaubt worden sei, solle sie nun ohne zeitliche Beschränkungen und auch zur Qualitätskontrolle möglich sein: "Das ist Vorratsdatenspeicherung", kritisierte er.

Piltz: Daten aus sozialen Netzwerken für den Arbeitgeber Tabu

Umstritten sind auch die Regelungen zu Facebook und zur sonstigen Nutzung von Computerdaten. Piltz erklärte, schon bei der Einstellung werde die Datenerhebung an hohe Voraussetzungen geknüpft. So seien Daten aus sozialen Netzwerken für den Arbeitgeber Tabu, es sei denn, der Betroffene erlaube es ausdrücklich. Computerdaten wie Kontonummern dürfen künftig nur noch zur Aufdeckung von Straftaten oder anderen schwerwiegenden Pflichtverletzungen abgeglichen werden. Auch unter Mitwirkung des Betriebsrates dürfen diese Standards nicht unterschritten werden. Piltz betonte zudem, dass eine verweigerte Einwilligung in die Datennutzung keine negativen Folgen auslösen dürfe.

Der Arbeitsrechtler Tim Wybitul von der Kanzlei Hogan Lovells sagte der Zeitung, die Arbeitgeber müssten schnell handeln, um nach Inkrafttreten der Regelungen im Sommer nicht mit einer Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Besonders Konzerne müssten ihre Betriebsvereinbarungen ändern, weil sie keinen geringeren Datenschutz mehr vereinbaren könnten. Die Arbeitgeberseite kritisiert deshalb sei langem, dadurch werde ihre Autonomie erheblich eingeschränkt. (rtr/dpa)