Duisburg. .

Einen zunehmenden „Trend zur Kontrolle“ per Videoüberwachung hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Bäckereien ausgemacht und warnt die Betriebe vor einem „Überwachungswahn“ und davor, in die sogenannte „Lidl-Falle“ zu tappen. Auch in Duisburg gebe es eine Reihe von Betrieben, die ihre Filialen per Video überwachen, sagt Siegfried Poll, bei der NGG Nordrhein Projektsekretär für das Bäckerhandwerk. „Manche nutzen das aus, um das Verhalten und die Leistungen der Beschäftigten zu kontrollieren“, sagt Poll. Namen nennen will er aber nicht.

„Gut ein Drittel der Großbäckereien überwacht seine Filialen mit Videokameras. Oft werden Sicherheitsaspekte dafür angeführt, und so lange die Kamera nur den Kassenbereich im Blick hat, ist das für uns in Ordnung, aber wenn das ganze Geschäft überwacht wird, finden wir das nicht mehr so lustig.“ Zudem müsse das dann gemäß Bundesdatenschutzgesetz kenntlich gemacht werden, betont Poll.

Mittel gegen Diebstähle

„Allerdings hat es auch viele Fälle gegeben, wo die Umkleideräume des Personals überwacht wurden“, so Poll. „Manche übertreiben das mit ihrem Videowahn. Deshalb haben die Beschwerden über die Videoüberwachung in Bäckereien in letzter Zeit zugenommen.“ Ständig aus irgendeiner Ecke von irgendeiner Kamera beobachtet zu werden, das tolerierten weder Kunden in Bäckereien noch Gäste in der Gastronomie. Und für Angestellte, bei denen jeder Handgriff und jeder Gang zur Toilette beobachtet werde, sei solch eine Kontrolle auf Schritt und Tritt wie eine optische Fessel, mahnt auch NGG-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hufer. Das persönliche Vertrauen in die Belegschaft aufzubauen, sei besser als jede technische Kontrolle.

Der Fall Lidl

2008 machten Reporter vom Stern und von Stern.de publik, dass der Discounter Lidl 2007 seine Mitarbeiter systematisch mit Überwachungskameras bespitzelte. Mit Tag und Uhrzeit war protokolliert worden, wer wann auf die Toilette ging, und wer sich wie bei der Arbeit verhielt.

Wegen dieses illegalen Vorgehens musste Lidl ein Bußgeld von 1,462 Millionen Euro zahlen.

Doch da kann man sich auch stark täuschen. Diese bittere Erfahrung musste auch der Duisburger Großbäcker Ralf Bolten machen, den eine stellvertretende Filialleiterin in relativ kurzer Zeit um ein ordentliches Sümmchen gebracht hat. „Bei einem dringenden Tatverdacht ist eine Videoüberwachung erlaubt und kann der Polizei auch als Beweismittel dienen“, sagt Bolten.

In diesem konkreten Fall, habe er mit anwaltlicher Unterstützung über eine externe Firma eine Kamera installieren lassen, was letztlich half, die Diebin zu überführen. Für Bolten eine klare Sache: „Ich muss meine ehrlichen Mitarbeiter vor den unehrlichen schützen. Wenn eine Filiale heute unwirtschaftlich arbeitet, kann ich die nicht tragen und muss sie schließen. Das vernichtet unter Umständen Arbeitsplätze.“

In einigen anderen seiner 27 Duisburger Filialen hat Ralf Bolten vor gut fünf Jahren Kameras installieren lassen, nachdem innerhalb eines Jahres dreizehn Mal in seine Geschäfte eingebrochen worden war. „Da macht dann irgendwann die Versicherung nicht mehr mit.“ Zur Diebstahlsprävention seien dann die Kameras angebracht worden. „Die Mitarbeiter haben das begrüßt. Und wir nutzen die Kameras definitiv nicht, um die Mitarbeiter zu überwachen. Ich hab’ da ein ganz ruhiges Gewissen.“