Berlin. .
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf zum besseren Datenschutz für Arbeitnehmer beschlossen. Wenn alles glatt geht, soll das Gesetz bis Jahresende den Bundestag passiert haben.
Das Wichtigste im Überblick:
Was war der Auslöser?
Datenschutz darf nicht am Werkstor aufhören – diesen Satz hat die Politik in den vergangenen Jahren schon oft gesagt. Geschehen ist vergleichsweise wenig. Die Rechtsprechung auf diesem Gebiet ist oft uneinheitlich. Für viele Fragen gibt es keine speziellen Regelungen. Und wenn es sie gibt, dann kommen viele verschiedene Gesetze zum Tragen.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und FDP vereinbart, den Schutz der Arbeitnehmerdaten in einem eigenen Kapitel des Bundesdatenschutzes regeln zu wollen. Spätestens mit den Ausspäh-Affären beim Discounter Lidl, bei der Deutschen Bahn und der Telekom wurde der Handlungsdruck zu groß.
Was waren das für Skandale?
Lidl überwachte Mitarbeiter mit versteckter Kamera und hielt Krankheiten von Beschäftigten systematisch fest. Dabei kam sogar heraus, wann eine Beschäftigte auf die Toilette ging und wann sie Pause machte.
Die Telekom „besorgte“ sich die Telefonverbindungen von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten.
Die Deutsche Bahn glich Daten von Mitarbeitern mit jenen zu Firmen ab, zu denen sie Geschäftsbeziehungen unterhält. Und: Der Stuttgarter Autobauer Daimler hat Jobsuchenden während des Bewerbungsverfahrens Blut abnehmen lassen und die Daten gespeichert. Ein glatter Verstoß gegen den Datenschutz. Blut- und Urinuntersuchungen sind nur gestattet, wenn Beschäftigte vor gesundheitlichen Gefahren am Arbeitsplatz geschützt werden sollen.
Was besagt das Gesetz?
Es ist gar kein neues Gesetz. Es werden hier zwölf neue Paragraphen ins Bundesdatenschutzgesetz aufgenommen. Damit soll die Grauzone zwischen legitimer Korruptionsbekämpfung und übertriebener Bespitzelung in den Betrieben aufgelöst werden.
Warum gab es im Frühsommer an einem ersten Gesetzentwurf des Innenministers so viel Kritik?
Arbeitgeberverbänden und Teilen der Union gingen die Vorstellungen viel zu weit, Gewerkschaften und der FDP reichten die neuen Regelungen nicht aus. Im Zentrum der Auseinandersetzung: die heimliche Videoüberwachung. Sie sollte nach den ursprünglichen Plänen von Thomas de Maizière (CDU) unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt bleiben.
Und nun?
Die FDP setzte sich weitgehend durch. Heimlich darf nirgendwo mehr in Betrieben gefilmt werden; „dies gilt insbesondere für Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume“, heißt es in dem Entwurf. Eine offene Videoüberwachung – mit Hinweisschildern gekennzeichnet – soll etwa zur Qualitätskontrolle oder an Eingängen gestattet sein.
Wie steht es um die umstrittene Gesundheitsprüfung?
Von einem Bewerber soll der Arbeitgeber nur noch dann eine ärztliche Untersuchung verlangen dürfen, wenn sie notwendig ist, um eine Eignung festzustellen – und wenn der Betroffene vorher eingewilligt hat. Das heißt: Bei einem Chirurgen ist es von Bedeutung zu wissen, ob er HIV-infiziert ist oder nicht, bei einem Lagerarbeiter nicht. Zusatz: Der Bewerber bekommt künftig das ganze Untersuchungsergebnis ausgehändigt, der Arbeitgeber nur eine Kurz-Mitteilung über die Eignung des Bewerbers.
Wie sind die Kontroll-Möglichkeiten des Arbeitgebers im Internet?
Sie sollen sich nicht grenzenlos im Netz über Beschäftigte informieren dürfen. Daten aus sozialen Netzwerken wie Facebook sollen sie grundsätzlich nicht verwenden. Es sei denn, es geht um Portale wie „Xing“, die exakt zum Zwecke der berufsbedingten Präsentation eingerichtet wurden.
Hat der Arbeitgeber gar keine Handhabe mehr, sich gegen Korruption in Betrieben zur Wehr zu setzen?
Doch. Aber er muss die Beschäftigten vorher über etwaige Maßnahmen informieren. Und der Anlass darf nicht nichtig sein. Nur um Straftaten oder schwerwiegende Pflichtverletzungen aufzuklären, dürfen Daten im Betrieb gesammelt werden.
Gibt es Kritik?
Ja, sie kommt von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Sie sieht die Rechte der Firmen zu sehr eingeengt. Im Vergleich zu den Plänen, die im Frühjahr auf dem Tisch gelegen hätten, sei der neue Entwurf deutlich schlechter.